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  • Jürgen schreibt für Michel

Die ungarische Tiefebene

Obwohl das Wetter eigentlich sonnig und schön war, wurde das Abenteurerleben immer härter. Übernachten im Zelt bei Nachtfrost stellt schon eine gewisse Herausforderung dar. Das Land wurde flach und erwartungs-gemäß langweiliger.



Die Nacht im Heu war wunderbar. Ich war richtig gut ausgeschlafen. Es war weich und ausreichend warm. Mein Frühstück bereitete ich mir wieder in der dreckigen Knechtkammer zu. Die Toilette war so dreckig, dass es mich schauderte, sie zu benutzen. Aber es half ja nichts. Was raus wollte, musste raus!


Nichtsdestotrotz waren die Besitzerin und ihre Tochter sehr nett und hilfsbereit. So haben sie mein Zelt über Nacht getrocknet und gaben mir es morgens sauber verpackt wieder zurück. Ich bekam ein großes Glas selbstgemachten Honig für unterwegs. Für Vaillant spendierten sie noch einen Schutz aus Schaffell für unters Halfter, damit dieses nicht mehr so sehr an der Nase rieb. Außerdem gab es noch einen großen Sack von dem Heu, das ihm so gut geschmeckt hat, und für mich noch eine Plastikplane, die ich des Nachts über das Zelt werfen konnte, damit dieses nicht so nass werde.

Sie halfen mir auch, einen Platz für die nächste Nacht zu finden. Ein befreundeter Pferdehof. Sie riefen dort gleich an und meldeten mich an, so dass ich mich um gar nichts zu kümmern brauchte. Der Pferdehof war nur zehn Kilometer entfernt. Das entsprach zwar nicht ganz meinen sonstigen Etappenlängen, aber in diesem Fall war's ok.

Gut ausgerüstet und gut gelaunt verließ ich den Pferdehof, auch wenn's mich in Erinnerung an die Knechtkammer immer noch schauderte.


Vielen Dank für die Gastfreundschaft!

Die heutige Etappe konnte ich angesichts der kurzen Strecke völlig entspannt angehen und hatte auch genügend Zeit für eine längere Mittagspause.

Da kamen dann zwei Endurofahrer vorbei. Als sie mich entdeckten, gingen sie sogleich vom Gas, hielten an und begannen mit mir zu plaudern. Mit ihnen konnte ich mich trefflich übers Enduro fahren und ihre Mopeds austauschen. Wer es nicht weiß, Enduro fahren ist mein zweites großes Hobby.

Endlich mal ein anderes Thema, als immer nur Esel. Mich interessierte besonders die Frage, ob das Fahren im freien Gelände in Ungarn illegal war, und ob es sanktioniert würde. Die beiden waren ohne Nummernschilder unterwegs, und die eine Maschine war auch ein bisschen schwerer. Sie meinten, eigentlich wäre es schon verboten und manchmal bekam man auch ein bisschen Ärger. Dieser schien sich aber in Grenzen zu halten, denn die beiden gingen ganz entspannt damit um.


Trotz Vorankündigung war Vaillant auf dem neuen Pferdehof nicht richtig willkommen. Die Besitzerin hatte Angst, er könnte die Pferde scheu machen. Deshalb musste ich Vaillant direkt in den Stall bringen. Das tat mir etwas weh, war es doch erst halb drei. Ich besänftigte ihn mit einer Extraportion Äpfel und Karotten und Vaillant fügte sich seinem Schicksal.

Ich sollte zuerst auf der Wiese im Zelt übernachten, aber auf mein Bitten hin, durfte ich dann im Reiterstüble nächtigen. Da gab es einen Holzofen, den ich sogleich mächtig einheizte.

Ich hatte ihn so überladen, dass ich schon befürchtete, die ganze Bude würde abfackeln, aber alles ging gut.

Die neue Isomatte verlor auch schon wieder Luft, nicht viel, aber stetig. Das kam wohl von der Nacht im Heu. Da hat wohl was gepiekst. Zum Glück war bei der Isomatte gleich ein Reparaturset mit dabei und nach langem Suchen konnte ich ein winziges Loch ausmachen, das ich sogleich flickte. Gemäß der Gebrauchsanleitung konnte die Matte dann auch gleich belastet werden. Der Flicken hielt auch, und hält bis heute.

Die Besitzerin war in etwa in meinem Alter, aber dennoch verhielt sie sich sehr reserviert und zurückhaltend. Im Gegensatz dazu zeigte sich ihr ca. 20- jähriger Sohn sehr gesprächsfreudig. Er fand gefallen an meiner Story. Er selber half seiner Mutter hier auf dem Hof und nebenher programmierte er noch Computerspiele. Auch eine sehr interessante Kombination.

Es gab noch eine angestellte Reitlehrerin. Sie erzählte mir, dass sie davon träumt, mit ihrem Hund einfach loszulaufen und die Welt zu entdecken. Aber sie könne sich das noch nicht leisten und müsse erst noch sparen. Neben ein paar weiteren Tipps gab ich ihr den Ratschlag, einen festen Termin zu machen, an dem es losgehen sollte und auf den sie hinarbeiten könne. Sonst laufe sie Gefahr, die Reise immer wieder wegen Belanglosigkeiten zu verschieben und eventuell käme sie dann nie los.

Diesen Tipp habe ich selber im Vorfeld meiner Reise bekommen und ich habe ihn beherzigt. Sonst, wer weiß, säße ich immer noch in Aldingen und würde Straßen polieren.


 

Am Morgen war mein Reiterstüble immer noch angenehm temperiert. War doch gut dem Ofen mal richtig einzuheizen.

Dank eines vorhandenen Wasserkochers ging das Zubereiten des Frühstücks recht fix. Die Sachen geschwind eingepackt und Vaillant aus den Federn holen. Der freute sich aus seinem Stall rauszukommen. Aber schlecht ist es ihm da auch nicht ergangen, er hatte genügend zum Fressen und warm wars auch.

Die Besitzerin war heute morgen zugänglicher, so ganz anders als gestern. Wir wechselten noch ein paar Worte und schon war ich wieder unterwegs auf meiner Wanderung.


Das Land wurde zusehends flacher, fast schon friesische Verhältnisse. Fehlte nur noch der Deich.

Mein Weg war ziemlich eintönig und wieder mal musste ich oft auf oder an Straßen entlang laufen.

Gegen Abend kam ich in ein Dorf, wobei Dorf schon fast zuviel gesagt ist. Es waren höchstens 25 Häuser, die sich an einer Straße aufreihten.

Fast am Ende des Dorfes war ein Mann im Garten beschäftigt. Er sprach mich in holprigem Englisch an. Auf meine übliche Frage nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit empfahl er mir zuerst eine Pension in der Nähe. Hä? Wie sollte ich das machen? Mit Vaillant in ein Hotel? Sollte er da auf dem Flur schlafen?

Meine Bedenken sah er ein und nach langem Überlegen, kam ihm doch noch ein Geistesblitz. In ca. einem Kilometer Entfernung gäbe es einen kleinen Hof, bewirtschaftet von einem Deutschen, Alex. Das hörte sich gut an, da würde ich es mal versuchen.


Mit den Worten "Spricht hier jemand Deutsch?" platzte ich auf den Hof, wo gerade zwei Männer um einen Traktor herum standen. Verdutzt schaute mich einer der Männer an und bejahte meine Frage. Das war Alex.


Alex ist so um die siebzig. In jungen Jahren war er auf Baustellen in der ganzen Welt beschäftigt. Später gründete er ein eigenes Tiefbauunternehmen, das er aber - nach zwei Herzinfarkten - mit vierzig wieder verkaufte. Mit dem Geld legte er sich diesen Hof in Ungarn zu. Anfangs als Pferdepension betrieben, gaben sie dann im Rentenalter die Pension auf und haben jetzt nur noch ein paar eigene Pferde und ein paar Tiere zur Selbstversorgung.


Da müsse er erst seine Frau fragen, meinte Alex immer noch sichtlich verwirrt. Nach kurzer Zeit kam er mit einer freudestrahlenden Frau zurück. Natürlich könne ich bleiben, meinte Katharina mit einem herzlichen Lachen.


Katharina

Vaillant durfte frei auf dem eingezäunten Gelände umherlaufen. Für mich gab es einen Wohnwagen. Der war mit einer Holzfassade verkleidet, so dass es aussah, wie ein kleines Häuschen.

Darin war es gemütlich, es gab einen Holzofen, den ich sogleich anfeuerte. Da hatte ich ja langsam Übung drin.

Zum Abendessen wurde ich von Katharina köstlich verpflegt. Es gab fränkische Bratwürste! Boah, wie geil war das denn? Richtige fränkische Bratwürste! Sowas hatte ich schon lange nicht mehr gegessen und ich haute richtig rein. Dazu gab es Kürbis, den Katharina angebraten hatte. So zubereitet kannte ich Kürbis bisher noch nicht. Schmeckte wirklich sehr lecker und ich habe mir den Bauch mal so richtig vollgeschlagen.


Der Abend war kurzweilig und lustig. Der Gesprächsstoff ging uns nie aus. Ich verstand mich prächtig mit den beiden.

Katharina telefonierte noch per Videochat mit ihrem Bruder in Deutschland. Der meinte, er kenne mich, er hätte mich im deutschen Fernsehen gesehen, den Sender wisse er aber nicht mehr. Das blieb für mich aber dann doch ein Rätsel, habe ich doch nie ein Interview einem deutschen Fernsehsender gegeben.


 

Alex war ein Lebemann und seine Lebensfreude ließ er auch mit seinen siebzig Jahren noch gerne raus.

Verschmitzt erzählte er mir von seinem Plan seine Geschwister ein bisschen zu ärgern. Als Vaillant fertig bepackt zur Abreise bereit stand, drehten wir ein Video, wo er mit Vaillant laut auf die ganze Welt schimpfend den Hof verließ und in die Kamera mit entschlossener Stimme verkündete, er würde jetzt den Hof aufgeben und mit dem Esel um die Welt reisen. Alex war ein guter Schauspieler und ich bog mich vor Lachen. Ich glaube gerne, dass ihm seine Geschwister seinen "Wutausbruch" abgenommen haben...


Voller "Wut" verlässt Alex den Hof

Der Aufenthalt bei Alex und Katharina war super. Die Nacht im Wohnwagen war hervorragend und vor der Abreise hat mich Katharina noch mit einem deftigen Bauernfrühstück gestärkt.

Die beiden wollten mich noch überreden, ein bisschen länger zu bleiben, aber irgendwie zog es mich weiter. Nach nun insgesamt drei Nächten im Warmen und Trockenen war ich wieder bereit für neue Abenteuer.


Einen Kilometer kerzengerade geradeaus, dann Abbiegen im 90°- Winkel, wieder einen Kilometer geradeaus, dann die nächste rechtwinklige Kreuzung. Dazwischen öde, abgeerntete Felder. So sah mein Wanderweg für heute aus. Alles flach, die Grundstücke rechtwinklig aufgeteilt, einfach nur sterbenslangweilig.



Wenn es dazwischen mal ein Waldstück gab, ähnelte dieses eher einer Plantage denn einem richtigen Wald. Die Bäume in sauberen, geradlinigen Reihen angepflanzt. Die nächste Reihe in zwei Meter Abstand. Deutsche Ordnung in Ungarn!

Man könnte die Bäume sicher sehr einfach maschinell ernten, doch aufgrund der niedrigen Arbeitslöhne wird trotzdem alles von Hand gemacht, während bei uns zuhause selbst in unzugänglichen Hanglagen der Vollernter zum Einsatz kommt. Verkehrte Welt!


In einem der langgezogenen Dörfer, es gab in der Regel nur eine Straße mit Häusern links und rechts, traf ich auf ein Ehepaar, mit dem ich eine interessante Unterhaltung führte. Die beiden, etwa in meinem Alter, waren ihr ganzes Leben lang in einem Zirkus beschäftigt und hatten nie ein richtiges Zuhause. Jetzt hatten sie genug von der ewigen Umherzieherei und hatten sich für kleines Geld hier ein Häuschen gekauft.

Auf ihre Frage hin, wo ich den heute übernachten wolle, zeigte ich ihnen auf meiner Wanderapp einen Platz kurz nach dem Ortsende, wo es anscheinend einen Spielplatz und eine Hütte gab. Lachend meinten sie, ich kenne mich hier besser aus als sie selber.


Schmunzelnd ging ich weiter und kurz darauf war der besagte Spielplatz auch erreicht. Ich wurde nicht enttäuscht. Es gab eine halboffene Hütte mit Tisch und Bänken darin. Das Zelt passte da locker noch mit rein und war so gut geschützt.



Für Vaillant war genug Platz und Fressmaterial vorhanden. Ich blieb und wunderte mich, dass, obwohl wir nur 300 m vom Ortsende entfernt waren, den ganzen Abend kein einziger Mensch vorbeikam.


 

Das Zelt war auch am Morgen noch trocken. Die Schutzbehausung hatte Wirkung gezeigt. Da die Trockenzeit damit wegfiel, kam ich auch zeitig los.


Den Tag über gibt's nicht viel zu erzählen. Der Weg ähnlich wie gestern, nur dass ich noch mehr durch diese langgezogenen "Ein- Straßen- Dörfer" kam.

Ich hatte mir in der App wieder einen Platz ausgesucht bei dem eine Hütte eingezeichnet war. Dort angekommen stellte ich fest, dass die Hütte eher ein großer Holzkegel war.

Der Kegel wurde offensichtlich gerade saniert. Arbeiter waren dabei die Bretter der Holzfassade auszutauschen.



Der Platz war nicht so schlecht und unter dem Kegel könnte ich mein Zelt gut aufstellen. Ob die Arbeiter das gut finden würden?

Ich sattelte erstmal ab. Ich wollte eine Weile abwarten, irgendwann würden die ja bestimmt Feierabend machen.

Ich versuchte mit den Männern ins Gespräch zu kommen, was aber mangels gemeinsamer Sprache misslang. Als sich abzeichnete, dass sie ihre Arbeit bald beenden würden, fing ich einfach an, mein Zelt aufzubauen.

Dabei wurde ich von einem später dazugekommenen Vorarbeiter beobachtet. Er kam zu mir herüber und erklärte mir, dass das hier Naturschutzgebiet sei und Zelten deshalb verboten. Er wollte mich aber nicht davon abhalten, im Gegenteil. Er gab mir seine Visitenkarte. Denn, so erzählte er, die Nacht über würde die Baustelle von einer Security überwacht werden. Ich solle ihm die Karte geben, dann ginge das schon in Ordnung.

Hm, damit hatte ich nicht gerechnet und mit einem etwas flauen Gefühl im Magen wartete ich ab. Der Typ von der Security kam dann auch pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit.

Ich zeigte ihm die Visitenkarte und damit war das für ihn auch ok. Eigentlich war er ganz locker drauf, und obwohl wir uns kaum verständigen konnten, schloss er mir einen Baustellencontainer auf und machte mir deutlich, dass ich lieber da drin schlafen solle. In dem Container lagerten Styroporplatten.

Erfreut nahm ich sein Angebot an. Auf 50 cm starken Styroporplatten zu schlafen, war doch deutlich besser, als auf dem harten Boden.


 

Gut beschützt habe ich die Nacht verbracht. Da ich in der Nacht zweimal aufgestanden bin, um nach Vaillant zu schauen, kann ich bestätigen, dass der Typ wirklich die ganze Nacht wach war und aufgepasst hat. Er saß in seinem Auto über sein kleines Tablet gebeugt und schaute sich irgendwelche Filme an.


Mein "Wohncontainer" und das Auto meines Bodyguards

Für heute hatte ich mir als Etappenziel einen Campingplatz ausgeguckt. Der Platz war in der App verzeichnet und hatte einen Weblink, so dass ich ihn mir auf der Homepage anschauen konnte.

Neben dem Campingplatz waren dort auch Ferienwohnungen, und es gab Pferde und andere Tiere.

Das sah sehr vielversprechend aus. Ich hatte nach längerer Zeit mal wieder eine Dusche nötig, und meine Klamotten wollten auch gewaschen werden. Außerdem wäre ein Ruhetag in angenehmer Atmosphäre auch nicht schlecht. Und wenn das Wetter allzu mies werden würde, könnte ich mir auch ein Zimmer nehmen.


So der Plan. Also los! Das Laufen war heute ganz ok. Der Weg war zwar immer noch gleich langweilig wie die Tage zuvor, aber nachdem die Sonne den Morgennebel erfolgreich vertrieben hatte, waren wenigstens die Temperaturen ganz angenehm.


Je näher ich dem besagten Campingplatz kam, umso merkwürdiger kam mir das vor. Schon zwei Kilometer vorher gab es Schilder mit der Aufschrift "Team Juhasz". Von Camping keine Rede.

Und als ich dann dort eintraf, sah das auch so überhaupt nicht nach Campingplatz aus, eher wie ein Pferdehof auf einer riesigen Baustelle.


Ich fragte ein paar Männer, die herumstanden, ob das hier der Campingplatz sei. Lachend erklärten sie mir, dass es den Camping schon seit Jahren nicht mehr gebe. Die Angaben auf der Karte und im Internet seien veraltet.

Jetzt habe das "Team Juhasz" den Platz gekauft. Das Team Juhasz war ein Unternehmen, das Pferde und Kutschen für Filmproduktionen verlieh.



Ja, wo war ich denn hier hingeraten? Da ich keine Lust hatte, noch weiter zu laufen, fragte ich, ob es eine Möglichkeit gäbe, hier zu übernachten.

Nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Chef ging das in Ordnung. Ich könne in dem alten Ferienhaus übernachten. Einer der Männer zeigte mir den Weg.

Das alte Ferienhaus war eine komplette Baustelle, überall waren die Wände und Böden rausgerissen. Doch es gab einen Raum, der einigermaßen intakt war. Da könne ich unterkommen. Ok, wenigstens ein Dach über dem Kopf und beheizbar war es auch.


Den Chef, Laca, habe ich an diesem Tag nicht mehr kennengelernt, doch ließ er mir über einen Stallknecht eine Pizza und Grüße zukommen. Morgen würde man sich sicher treffen.


 

Doch auch am nächsten Tag hat Laca keine Zeit für mich gefunden. Ich brauchte etwas um zu realisieren, wo ich hier war und was das Team Juhasz eigentlich macht.

Laca verdient sein Geld damit, Pferde für die besonderen Anforderungen bei Filmdrehs fit zu machen. Die Pferde erhielten so eine Art Grundausbildung als tierische Schauspieler. Und wenn es das Drehbuch erforderte, wurden auch spezielle Stunts einstudiert.

Es gab zig verschiedene Kutschen in allen möglichen Ausführungen, die dann in den Filmen, meist historische Filme oder Actionstreifen, zum Einsatz kamen.

Wenn gefordert war, dass die Darsteller reiten mussten, kamen diese Schauspieler auf den Hof, um hier das Reiten zu lernen. Und auch selbst wenn die schon Reiten konnten, kamen sie ein paar Tage her, damit sie ihr Pferd kennenlernen konnten und um die Szenen schon mal zu trainieren und einzuüben.


Das war alles hochinteressant und beeindruckend. Sowas hatte ich ja noch nie gesehen. Wann hat man schon mal die Gelegenheit hinter die Kulissen zu schauen?

Wen ich heute jedoch kennenlernen durfte war Laslo, Lacas Vater. Laslo war als junger Mann ein hervorragender Reiter und Kutschenfahrer, hat an verschiedensten Wettbewerben teilgenommen und etliche Preise eingefahren. Unter anderem war er auch schon in Donaueschingen.

Laslo sprach sehr gut deutsch und war so ein richtig sympathischer Typ. Laslo nahm mich an die Hand und zeigte mir alles, den ganzen Hof und das dazugehörende Museum.



Er erklärte mir wie das so läuft mit dem Filmgeschäft und was sie schon alles gemacht haben. So hat Laca schon Jonny Depp in "Der Fluch der Karibik" gedoubelt.

Er erzählte, was es mit den Baustellen auf sich hatte, was sie alles vorhatten und welche weiteren Bauprojekte noch anstanden. Da wurde ich hellhörig. Bei den Bauprojekten könnte ich doch behilflich sein, das waren Arbeiten, die ich konnte und wo ich mich einbringen könnte. Das behielt ich mal im Hinterkopf.


In mir reifte ein Gedanke. Die Schwierigkeiten der letzten Tage, das kalte Wetter und die Aussicht, dass es nicht besser werden würde, belasteten mich.

Der Konflikt mit Kerstin schwelte immer noch. Ich hatte es noch nicht fertig gebracht, sie anzurufen und uns auszusprechen. Dazu kam eine schlechte Nachricht aus meiner Heimat, wo mein Bruder mit schweren gesundheitlichen Problemen kämpfte. Das alles nagte an mir.


 

Laca war, wie man sich denken kann, ein vielbeschäftigter Mann. Doch endlich hatte er mal Zeit für mich gefunden. Er kam zu mir und lud mich ein, mit ihm nach Budapest zum Einkaufen zu fahren. Während der Fahrt könne man sich ein bisschen unterhalten. Klar, war ich sofort mit dabei.

Laca interessierte sich sehr für meine Geschichte, fand toll, was ich machte und hatte Respekt für das, was ich tat. Die Komplimente konnte ich in vollem Umfang zurückgeben.

Seine offene Art ermutigte mich, ihm von meinen Problemen zu erzählen. Er zeigte Verständnis und fragte, wie er mir helfen könne. Jetzt kam ich mit dem Gedanken raus, der sich in meinem Kopf festgesetzt hatte und fragte, ob ich vielleicht auch eine längere Zeit bei ihm unterkommen könne, vielleicht sogar den ganzen Winter über? Ich würde ihm im Gegenzug bei seinen Bauarbeiten helfen.

Laca schaute zuerst etwas irritiert, eine solche Frage hatte er nicht erwartet. Er antwortete aber, dass das überhaupt kein Problem sei. Ich könne bleiben so lange ich wolle, und Arbeit gäbe es sicherlich genug.


Ich rief Kerstin an. Endlich! Wie würde sie reagieren? Kamen wir nochmal in die Spur, oder war vielleicht alles aus? Irgendwie hatte ich Bammel.

Wir sprachen uns aus. Stundenlang telefonierten wir. Die Details werde ich euch hier ersparen. Am Ende war zwar noch nicht alles gut, aber es ging weiter mit uns beiden.

Ich war sehr erleichtert. Damit fühlte sich die schwerste Last, die auf meinem Herzen lag, etwas leichter an.

Kerstin bestärkte mich in meiner Idee, eine Ruhepause einzulegen. Sie meinte, ich hätte nichts zu beweisen und die Reise sei ja nicht dazu da, mich kaputt zu machen.


Mit dieser neuen Perspektive ging es mir schon deutlich besser. Die nächsten Tage machte ich mich auf dem Hof nützlich. Half hier und da, und lernte dabei auch das ganze Team kennen.

Ein erstes großes Bauprojekt waren Unterstände für die Pferde auf den Weiden:



Hier konnte ich mich gut einbringen, die Arbeit lenkte ab, aber so richtig glücklich war ich noch nicht. Ich wollte nach Hause.

Ich suchte das Gespräch mit Laca, erklärte ihm was mich bedrückte. Da sehe er gar kein Problem. Ich solle nach Hause fahren, mich ausruhen, nach meinem Bruder schauen. Er würde sich gut um Vaillant kümmern, ich solle mir keine Sorgen machen.


Laca (rechts)

Das sollte jetzt kein Abbruch der Reise sein. Auf gar keinen Fall. Ich werde wiederkommen und meine Reise hier nach dem Winter fortsetzen. Aber ein paar Wochen zu Hause, den Kopf freikriegen, das hatte ich jetzt schon nötig.




Zum Verständnis:

Wir sind jetzt mit den Berichten zeitlich gesehen bei Ende November/ Anfang Dezember. Dies ist der letzte Bericht vor der Winterweihnachtspause, die wir ja kommuniziert hatten.


Michel war über Weihnachten und Neujahr in Deutschland und ist seit Mitte Januar wieder in Ungarn bei seinem geliebten Esel. Wann genau es weitergeht, wissen wir noch nicht, aber das wird sich die nächsten zwei, drei Wochen entscheiden.


Wie es Michel und Vaillant in der Zwischenzeit in Ungarn ergangen ist, erfahrt ihr noch in einem extra Bericht.


Und wenn es dann mit Michels Reise weitergeht, kommen auch wieder die laufenden Berichte. In Zukunft werden wir uns bemühen etwas zeitnaher zu berichten, jedoch kann ich nicht ausschließen, dass es ab und zu zu Verzögerungen kommt. Verpassen werdet ihr aber auf jeden Fall nichts!

























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