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  • Jürgen schreibt für Michel

Rumänien

Die Einreise nach Rumänien war etwas verzwickt. Zu Fuß wollten uns die Grenzer nicht rüber lassen. Was wir uns einfallen lassen mussten und wie es dann doch noch geklappt hat, lest ihr hier.



Patsch, pfiiet, patsch... der Weg war nass und rutschig. Der ganze Matsch blieb an den Schuhen hängen und bildete bereits große Klumpen. Die Schuhe klebten am Untergrund. Ich hatte das Gefühl eine Eisenkugel hinter mir herzuziehen, wie so ein Gefangener im Mittelalter.



Das Wetter war bescheiden. Regen schon den ganzen Tag. Wir sind deswegen am Morgen länger liegengeblieben, aber da es Sonntag war, war das auch kein Problem. Sonntags kann man ja auch mal liegen bleiben. So wie im echten Leben eben.

Das Frühstück zogen wir auch noch etwas in die Länge bis dann der Regen endlich mal eine Pause machte und wir unser Zelt abbauen konnten. Gegen ein Uhr kamen wir dann in die Gänge und machten uns vom Acker. Der Regen setzte immer wieder ein und etwas missmutig stapften wir durch die eigentlich sehenswerte Gegend. Durch ein paar Weingärten ging es alsbald nach oben und durch den Wald. Wir waren nicht ganz oben, sondern so etwa auf halber Höhe und hatten immer wieder herrliche Ausblicke ins Tal. Unseren Weg kreuzte zweimal ein Rudel Rotwild mit jeweils mindestens zehn Tieren. Die waren gar nicht aufgeregt und liefen auch nicht weg. Sie blieben ganz cool stehen und ästen. Und wir konnten sie ungehindert beobachten.



Gegen Abend fanden wir ein geeignetes Plätzchen und sobald das Zelt stand, begann es auch schon wieder von oben nass zu werden. Also erstmal im Zelt abwarten, und gnädiger Weise ließ uns der Regengott doch noch unser Abendessen im Trockenen zubereiten. Die ganze Nacht aber klopfte der Regen an die Zelthülle.


Am frühen Morgen regnete es immer noch, aber bald wichen die Wolken strahlendem Sonnenschein. Die Wege waren immer noch ziemlich aufgeweicht, aber die Matschschuhe wurden kleiner und die Laune besser.

Im nächsten Dorf war es etwas komisch. Wir wurden schräg angeschaut, keiner wollte mit uns reden. Im Laden lagen nur ein paar vereinzelte Sachen in den Regalen - eine Dose Sardinen, drei Päckchen Nudeln, ein paar Chips und Schokoriegel - das wars. Das reichte uns nicht. Wir brauchten ein paar Sachen mehr...


Ein älterer Herr bot uns eine Unterkunft an. Er sprach nur Ungarisch. Wir baten ein junges Mädchen zu übersetzen. Viel verstanden wir nicht, nur immer wieder "Palinka". Wir brauchten aber keinen Schnaps, sondern nur eine Dusche. Der Mann sah auch aus, als hätte er dem Palinka heute schon gut zugesprochen. Deshalb wanden wir uns raus und gingen weiter.

Wir trafen auf Laci und Lilla und ihren kleinen Sohn Beni. Sie begrüßten die Esel und unterhielten sich mit uns. Wir fragten nach einer Dusche.

Sie drucksten rum, erzählten was von die Dusche "sei kaputt", bzw. "noch im Bau". So ganz verstanden hatten wir das nicht. Sie boten uns aber heißes Wasser an. Das wäre für uns OK, antworteten wir und wir verabredeten uns bei ihnen zu Hause. Sie müssten noch was besorgen und kämen dann nach.




Als sie dann kamen, entwickelte sich ein Gespräch. Wir erzählten, was wir so taten und was wir vorhatten. Die Stimmung wurde lockerer und entspannter. Dazu trug nicht zuletzt der angebotene Palinka bei. Auf einmal war das mit der Dusche kein Problem mehr. Sie sagten, dass sie das vorhin nur so gesagt hätten, weil sie uns nicht trauten, aber jetzt sei das ok.

Die Dusche war wunderbar. Mit dem heißen Wasser flossen die ganzen Strapazen der letzten Tage in den Abfluss. Das wechselhafte Wetter mit viel Regen, aber auch heißen Abschnitten zwischendurch, war ganz schön anstrengend.

Sie freuten sich, dass uns die Dusche so gefiel. Laci richtete uns ein Strohlager unter einem Unterstand her, damit wir das Zelt nicht aufbauen mussten.

Auf dem Hof gab es drei Pferde, darunter ein Mustang, von dem behauptet wurde, er sei "der wildeste Hengst in ganz Ungarn". Sie hatten ihn wild und frei laufend entdeckt. Auf Nachfragen und Aufrufen wurde aber kein Besitzer gefunden. Also nahmen sie ihn mit nach Hause, was gar nicht so einfach war. Ein Tierarzt musste ihm mittels Blasrohr ein Beruhigungsmittel spritzen, damit er überhaupt händelbar war.


 

Ächzend stand ich auf. Ich hatte sehr schlecht geschlafen. Die aneinandergelegten Strohballen rutschten immer weiter auseinander und ich in die Ritze, die sich dadurch bildete.

Dafür gab es Frühstück mit einem wirklich wohlschmeckenden Kaffee für mich und Tee für Cindy. Laci schenkte uns noch eine Solardusche und ein Mittel gegen Zecken. Er suchte außerdem noch eine Adresse eines Tierbedarfladens heraus, der an unserer Strecke lag und wo wir das Mittel nachkaufen könnten. Dazu vermittelte er uns noch einen Kontakt in Rumänien. Der war zwar noch 500 Kilometer weit weg und wir wussten noch nicht, ob wir da überhaupt lang kämen, aber schaden konnte das auf gar keinen Fall.



So verabschiedeten wir uns und liefen gutgelaunt los. Am Ende des Dorfes sollten wir rechts von Straße abbiegen, aber wir fanden keinen Pfad. Momentan laufen wir auf dem Mariaweg, einem ungarischen Pilgerweg, der bisher eigentlich immer sehr gut ausgeschildert war.



Hier war nun aber kein Schild. Wir versuchten mit unserer Wanderapp den Weg zu finden. Anfangs auch erfolgreich. Aber mehr und mehr verzettelten wir uns. Wir sahen zwar immer wieder die Schilder des Mariaweges, aber der Weg endete in Gestrüpp oder ein Zaun verhinderte das Weiterkommen.

Nun sollten wir auch noch einen Bach überqueren. Nenétte lief unbekümmert los, rutschte aber im Bachbett aus und eine Packtasche löste sich und fiel ins Wasser. Toll. Nenétte war somit aber drüber, Vaillant musste noch. Erstaunlicherweise machte er keine großen Anstalten, trabte die Böschung runter und durch den Bach durch. Die andere Böschungsseite war aber rutschiger. Vaillant rutschte zurück, setzte sich auf den Hintern und war somit schon fast komplett nass. Eine Packtasche schwamm davon. Vaillant mühte sich aufzustehen, was er auch schaffte. Er drehte sich aber um und lief die Böschung hoch, wo er hergekommen war. Alles auf Null.



Die wegschwimmende Tasche konnten wir noch rechtzeitig sichern. Die andere Tasche und das restliche Gepäck luden wir ab und trugen es durch den Bach und die matschige Böschung hoch. Jetzt musste nur noch der Esel rüber. Und ihr könnt euch vorstellen, dass Vaillant jetzt darauf so gar keine Lust mehr hatte.

Wir benötigten mehrere Anläufe, ihn zu überreden überhaupt nochmal in den Bach zu gehen. Auf der anderen, rutschigen Seite halfen wir ihm mit Schieben und Ziehen über die matschige Passage, bis seine Hufe wieder festen Tritt fanden. Endlich haben wir es geschafft. Die Esel und wir, nass und dreckig von unten bis oben. Erschöpft ließen wir uns für eine längere Pause nieder.



Die Suche nach dem richtigen Weg gestaltete sich immer noch schwierig. Immer wieder endeten wir in einer Sackgasse, mussten umdrehen und einen anderen Pfad probieren. Einmal führte der Weg - hier war er sogar ausgeschildert - mitten durch einen Friedhof. Das war schon ein komisches Gefühl mit zwei Eseln und einem Hund durch einen Friedhof zu marschieren. Cindy hielt Mina kurz, damit sie nicht über die Gräber rannte.

Wieder versperrte uns dichtes Gestrüpp den Weg. Jetzt hatten wir die Nase voll und beschlossen die restliche Strecke zum Campingplatz, den wir uns ausgesucht hatten, auf der Straße zurückzulegen.

Wir machten noch Witze, dass nach so einem Tag, der Campingplatz bestimmt zu hatte oder dass sie uns nicht aufnehmen würden. Und als wir dort ankamen, siehe da - der Platz war geschlossen!

Am Eingang hing ein Zettel mit einer Telefonnummer. Nach drei erfolglosen Versuchen bekamen wir dann aber tatsächlich jemanden ans Rohr.

Wir durften auf den Platz, hatten freie Platzwahl und wir haben gleich für zwei Nächte gebucht, da für morgen Regen angesagt war.

Später kam dann der Besitzer auch vorbei. Jetzt eröffnete er uns, dass wir nur eine Nacht bleiben dürften, da die Esel zu viel Dreck und die Wiese kaputt machen würden. Na, Danke auch. Das hättest du ja gleich sagen können. Frustriert wurde uns bewusst, dass wir somit morgen im Regen loslaufen mussten. Ab sechs Uhr war heftiger Regen angesagt.

Wir waren alleine auf dem Platz und als der Besitzer weg war, bauten wir das Zelt ab und unter dem großen Vordach des Waschhauses wieder auf. Da niemand da war, konnten wir ja niemanden stören. Und so würden wir morgen früh das Zelt wenigstens in trockenem Zustand einpacken.

Ein Tag mit vielen Hindernissen ging zu Ende.



 

Die Wettervorhersage hatte recht. Pünktlich um sechs begann es zu schütten. Wir blieben noch ein bisschen liegen, bis wir Frühstück machten und uns für die Weiterreise rüsteten. Der Besitzer des Campingplatzes kam pünktlich um neun, wie vereinbart. Er zog uns für die eine Nacht 20 Euro (!) ab. Jetzt konnte ich nicht mehr an mich halten, und beschimpfte den Mann, ob seines unfreundlichen Verhaltens. Cindy zog mich schnell beiseite und wir ließen einen verdutzten Campingplatzbesitzer zurück.



Überraschenderweise trafen wir an diesem Regentag viele und zudem freundliche und gutgelaunte Menschen. Beim Einkaufen bekamen wir Bier und leckere Croissants geschenkt. Wir waren in Eger, einer recht großen Stadt, die auch viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Bei dem Regenwetter hatten wir aber keine Lust auf Sightseeing und zogen weiter. Wir entdeckten außerhalb der Stadt ein verlassenes Haus mit einer großen überdachten Terrasse. Wir schauten uns an, hatten beide die gleiche Idee. Das Tor war nicht abgeschlossen, bzw. zu stark verrottet, um abgeschlossen sein zu können.

Wir gingen rein, bauten unser Zelt unter der Terrasse auf und obwohl es erst halb drei war, ließen wir es für heute gut sein.



 

"Halt! Bleibt stehen! Vaillant! Nenétte! Stooop!!!", schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Blöde Esel! Liefen einfach vor mir weg.

Ich hatte sie am Morgen von ihrer nächtlichen Angebundenheit erlöst und ließ sie noch frei grasen. So machen wir das jeden Morgen. Während wir frühstücken dürfen sie frei umherlaufen, bevor es dann zur täglichen Arbeitsroutine übergeht.

Als ich sie vorhin holen wollte, rückten sie aber mit jedem Schritt, den ich näher kam, weiter ab, und schließlich rannten sie in gestrecktem Galopp Richtung Dorf. Nenétte vorne draus, Vaillant in verliebter Dödeligkeit hinterher.

Jetzt musste ich mich zum Affen machen und auch hinterher sprinten. Im Dorf holte ich sie ein. Ich bekam Nenétte unter Kontrolle, drehte sie rum und trieb sie wieder zurück zu unserem Lagerplatz. Es genügte Nenétte zurückzubringen, Vaillant kam dann auf jeden Fall hinter seiner Geliebten her. Aber das Luder hatte noch nicht genug von ihren Spielchen und bog unvermittelt in den Wald ab und ließ mich um die Bäume keuchen.



Sie schien mich wirklich auszulachen, rannte wieder zurück auf die Straße, nahm aber nicht die Richtung zum Platz, sondern rannte wieder Richtung Dorf. Verdammt!

Dieses Mal war ich aber schlauer. Entlang der Straße war eine Hecke. Ich lief rechts an der Hecke vorbei auf den Acker, so schnell ich konnte an der Hecke entlang und sprang an ihrem Ende wieder auf die Straße. Die Esel hatten, nachdem sie sich nicht mehr verfolgt fühlten, Gas rausgenommen. So war ich vor ihnen da und schnitt ihnen den Weg ab.

Verblüfft ließ sich Nenétte jetzt das Halfter anlegen. Ich zog sie zurück zum Platz. Nur widerwillig und bockig folgte sie. Puh, was für eine sportliche Einlage schon am frühen Morgen. Die Kalorien des Frühstücks waren jetzt schon wieder verbrannt.


Nur noch ein Dorf. Dann kam die Grenze. Durch Feld und Wald marschierten wir auf das kleine Dorf zu. Die Eselrevolution ging noch ein bisschen weiter. Wir hatten anfangs Mühe die beiden zum Laufen zu bewegen. Immer wieder bockten sie und blieben stehen. Aber nach einer Zeit gaben sie nach und wir liefen in unserem gewohnten Stil der rumänischen Grenze entgegen.

In dem letzten kleinen Dorf waren die Leute freundlich. Sie lachten, winkten uns zu und ein ältere Frau lud uns zum Frühstück ein. Wir lehnten ab, waren wir doch zu begierig und zu euphorisch, endlich nach Rumänien zu kommen.


Die Grenzbeamten konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen, als wir am Grenzposten ankamen, zückten ihre Handys und machten Fotos. Sie redeten freundlich und lachten. Alles schien kein Problem zu sein.



Unsere Pässe wurden kontrolliert und die der Esel auch. Die Beamten fingen an, untereinander zu diskutieren, telefonierten, waren sich offensichtlich uneins.

Sie kamen zurück, gaben uns unsere Pässe wieder und erklärten uns in schlechtem Englisch, dass der Impfausweis des einen Esels, Vaillants, kein europäischer Ausweis sei, sondern nur ein französischer. Das ginge nicht. Sie bräuchten einen europäischen. Außerdem wären an diesem Grenzübergang nur kleine Tiere zur Überquerung zu Fuß zugelassen. Größere Tiere, wie unsere Esel, müssten in einem LKW oder Anhänger transportiert werden.

Hä, was waren das den für Regeln?!? So schnell gaben wir nicht auf. Da die Beamten nur mäßig Englisch sprachen, rief ich Peter an (der, der mit seinen Pferden schon kreuz und quer durch Europa geritten war). Peter erklärte ihnen auf Ungarisch die Sachlage. Doch die Beamten rückten von ihren Forderungen nicht ab, egal wie unsinnig sie erschienen.

Cindy versuchte es auf die emotionale Schiene. Sie erklärte, dass es jetzt 20 Monate her sei, seit sie Frankreich verlassen habe und dass alles, was sie besitze in den beiden Gepäcktaschen auf diesem Esel sei. Und dass es ihr deshalb unmöglich sei, ihre Forderungen zu erfüllen und ob sie nicht eine Ausnahme machen könnten. Sie wolle doch nur dieses wunderbare Land kennenlernen.

Doch auch dadurch ließen sich die Grenzer nicht erweichen. Wir diskutierten noch eine Weile mit vier oder fünf Grenzbeamten. Das war nicht nur wegen der Sprache schwierig. Immer wieder kamen neue Argumente ins Spiel. Es schien, als ob sie selber die Regeln nicht genau wüssten. Und jedes Mal, wenn sie mit ihren Vorgesetzten telefonierten, wurde es noch komplizierter und undurchsichtiger.

Letztendlich blieb es dabei, wir bräuchten einen EU- Impfausweis, da Rumänien kein Schengenraum war, und es wäre nur mit dem Auto oder LKW möglich. Oder wir sollten es an einem anderen Grenzübergang probieren. Der war aber über 200 Kilometer weit weg.




Niedergeschlagen traten wir den Rückzug an, gingen zurück in das kleine Dorf, von wo wir hergekommen waren. An einem kleinen Weiher am Ortseingang ließen wir uns nieder und hielten Kriegsrat.

Im Grunde hatte wir nur zwei Möglichkeiten. Die erste war: zu dem anderen Grenzübergang wandern und dort unser Glück zu versuchen. Wir checkten kurz unsere Wanderapp und erkannten, dass das eher 250 Kilometer waren denn 200. Auch wussten wir nicht, ob wir da dann wirklich problemlos rüber kamen. Was war, wenn die Zöllner dort die gleichen oder noch schlimmere Forderungen stellten? Dann hätten wir nichts gewonnen.

Die zweite Möglichkeit war, zu versuchen die Forderungen der Grenzer zu erfüllen. OK, einen Tierarzt zu finden, der uns einen EU- Impfausweis ausstellte, sollte nicht allzu schwierig sein. Vielleicht könnte der uns dann auch beim zweiten Teil der Forderungen weiterhelfen, nämlich jemanden zu finden, der bereit war, uns mit einem Pferdehänger oder ähnliches über die Grenze zu fahren.

Wir beschlossen also, ins Dorf zu gehen und uns mal umzuhören, wer uns vielleicht helfen konnte. Bei den ersten drei Menschen, die wir ansprachen, hatten wir kein Glück.



Wir entdeckten eine Autowerkstatt. Da wollten wir es versuchen. Die anwesenden Männer sprachen kein Englisch, verstanden uns nicht. Sie schauten aber freundlich und auf unser Bitten um "Help" verstanden sie, dass wir Hilfe brauchten. Sie telefonierten mit jemanden, der Englisch konnte und gaben uns das Telefon. Der Frau am anderen Leitungsende konnten wir unsere Misere erklären und sie versprach uns zu helfen. Sie müsse nur ein paar Telefonate machen. Wir sollen hier warten.



Ein halbe Stunde und ein paar Telefongespräche später kam der Chef der Werkstatt, sein Name war Gabor, auf uns zu und sagte, er würde mit mir noch einmal zum Grenzübergang fahren, um mit den Beamten zu reden.

Wir fuhren also mit dem Auto hin, ich zeigte den Grenzbeamten die Ausweise der Esel und Gabor diskutierte mit ihnen. Offensichtlich fand Gabor die richtigen Worte und Argumente, denn am Ende des Gesprächs wurde mir erklärt, dass die Ausweise akzeptiert werden würden, auch der französische von Vaillant. Somit brauchten wir keinen Tierarzt mehr und eines der Probleme war gelöst. Einen Anhänger bräuchten wir aber immer noch, zu Fuß würde es nicht gehen. Wir kehrten zur Werkstatt zurück.

Dort hatten sich inzwischen eine ganze Menge Leute versammelt, darunter auch die Frau, mit der wir vorhin telefoniert hatten. Sie erzählte uns, dass ein Anhänger organisiert wäre, es würde jedoch noch anderthalb Stunden dauern. Sie sagte auch, wir müssten dann Gabor zwanzig Euro für die Hilfe geben. Damit waren wir natürlich einverstanden.


Die Wartezeit überbrückten wir bei Gabors Eltern, die uns herzlich einluden. Erzsébet, Gabors Mutter, war die Frau, die uns am Morgen schon zum Frühstück einladen wollte. Jetzt durfte sie ihre Gastfreundschaft ausspielen. Erzsébet hatte uns im Fernsehen gesehen und war ganz begeistert uns persönlich zu treffen. Sie tischte Brot, Butter, Käse und Schokolade auf. So vergingen die anderthalb Stunden wie im Flug, auch wenn wir uns nicht unterhalten konnten.

Der Anhänger kam und jetzt mussten die Esel verladen werden. Ich sah dem Unterfangen etwas skeptisch entgegen, wusste ich doch, wie sich Vaillant anstellen konnte, wenn er in einen Hänger musste.

Wir schoben also erstmal Nenétte hinein. Die nahm das locker und nahm ganz gemütlich und selbstsicher ihren Platz im Hänger ein. Cindy war sichtlich stolz auf ihr Mädchen.



Jetzt war mein Sturbock dran. Ich stellte mich auf eine längere Prozedur ein, doch Vaillant wollte nichts mehr, als einfach nur bei seiner Freundin zu sein. Er lief die Rampe hoch und drängte sich in das gleiche Abteil, wo Nenétte schon stand. Das ging natürlich nicht. Aber mit leichtem Schubsen schafften wir es, ihn in sein eigenes Abteil zu bugsieren.

Das ging schneller als gedacht. Erleichtert schlossen wir die Klappe. Wir und unser ganzes Gepäck passten aber nicht mehr ins Auto, so dass Gabor mit einem zweiten Auto hinterher fahren musste. Wir saßen bei Gabor im Auto und das Auto mit den Eseln fuhr vorne draus.



Mit einem breiten Grinsen im Gesicht, voller Spannung was passieren würde, erreichten wir den Grenzposten. Die Grenzer, die uns schon kannten, grinsten ebenso breit zurück.

Das Auto mit den Eseln erreichte die Schranke. Gabor und wir hintendran, wir stiegen aus, um zu sehen, was passiert. Die Beamtin, die gerade Dienst an der Schranke machte, kannte uns nicht. Wir hatten sie vorhin auch nicht gesehen. Sie kontrollierte die Pässe von Fahrer und Beifahrer. Der Ausweis des Beifahrers war abgelaufen und sie konnte ihn nicht über die Grenze lassen. Er stieg aus und ging zu Fuß Richtung Dorf zurück. Grinsend und gutgelaunt klatschte er uns ab und ging weiter. Das Auto mit den Eseln durfte fahren. Kontrolliert wurden sie nicht! Nicht einmal ihre Ausweise wollte sie sehen.

Jetzt waren wir dran. Unsere Ausweise zeigten keine Auffälligkeiten und wir wurden durchgewunken. So gelangten wir schließlich alle glücklich nach Rumänien.


Bleibt am Schluss festzuhalten, das bei allen Regeln und bürokratischem Hickhack das Wichtigste übersehen wurde, nämlich anhand des Chips zu überprüfen, ob die Tiere auf dem Hänger tatsächlich diejenigen sind, auf die die Impfausweise ausgestellt sind. Da hätten auch irgendwelche andere Tiere auf dem Hänger stehen können, es hätte keiner gemerkt. Völlig verrückt!

Wir bedankten uns überschwänglich bei Gabor für seine Hilfe. Als wir ihm, wie vereinbart, die zwanzig Euro geben wollten, lehnte er vehement ab und weigerte sich das Geld anzunehmen.



Wir waren immer noch wie auf Droge. Voller Adrenalin standen wir mit unseren Grautieren auf dem Parkplatz und winkten Gabor nach, der wieder nach Ungarn zurückfuhr. Was für ein Tag! Was für ein Abenteuer!

Beseelt setzten wir unseren Weg fort. Es war jetzt schon sieben Uhr abends und wir mussten noch einen Platz für die Nacht suchen.

Die ersten Leute, die wir im nächsten Dorf trafen, waren Grenzbeamte! Aber nicht im Dienst. Sie waren sehr freundlich und fragten uns nach einem Foto. Sie erzählten uns, dass man in Rumänien wild campen dürfe. Das war schon mal eine sehr erfreuliche Nachricht.

Wenn dir die ersten Leute in einem neuen Land freundlich begegnen, ist das ein gutes Vorzeichen. Wir waren glücklich und freuten uns auf ein neues Land und die Leute.


Willkommen Rumänien!


 

Anmerkung von Jürgen zur aktuellen Situation:

Ich bin ja mit dem Schreiben der Berichte mittlerweile sehr weit hinten dran. Cindy und Michel sind tatsächlich schon viel weiter (die warten ja nicht auf mich). Die beiden haben inzwischen Rumänien und auch Bulgarien komplett durchquert. Leider sind sie mit ihrem Ansinnen in die Türkei einzureisen gescheitert. Nach drei erfolglosen Versuchen mussten sie aufgeben. Das heißt aber nicht, dass die Reise jetzt zu Ende ist. Sie geht nur nicht mehr weiter Richtung Osten!

Die beiden sind aktuell in Griechenland und laufen jetzt erst einmal Richtung Thessaloniki. Wie es dann genau weitergeht wissen sie noch nicht. Vielleicht probieren sie es auch nochmal mit der Türkei. Aber das steht noch in den Sternen.

Bleibt auf jeden Fall dabei, es bleibt weiterhin spannend!











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