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  • Jürgen schreibt für Michel

Kirschen, Kornblumen und eine steinerne Hochzeit

Viele neue Eindrücke und Impressionen und heitere Geschichten auf dem Weg Richtung Kulmbach.



Nach dem supertollen Wochenende verabschiedete ich mich von Frank Arnold (https://www.berg-bungalows.de/) und Vaillant und ich zogen weiter, das schöne Leinleitertal entlang.

Rudi und Babs und ihre Jungs haben sich gestern Abend schon verabschiedet und die Heimreise angetreten.

So waren wieder jetzt wieder für uns, mein Esel und ich. Beide hingen wir unseren Gedanken nach und ließen den Tag auf uns zu kommen. Das Wetter war schön und das Tal zog sich sanft und lieblich über ein paar Hügelchen dahin. Nichts, was uns Sorgen bereiten könnte. Das Leben war schön.

Es ging durch Dörfle und Städtle immer auf breiten, gut begehbaren Wegen. Bald bog der Weg wieder in den Wald ab und wir befanden uns wieder auf den bekannten Single- Trails. Auch die eine oder andere leichte Steigung ließ uns nicht verzagen, frohgemut marschierten wir dahin.

Der Weg führte uns über den Hügel Gügel zu dieser schönen Kirche:


St. Pankratius

Die Baustelle erinnerte mich zu sehr an mein früheres Leben, deshalb schnell weiter...

Ist nicht so ernst gemeint, schließlich bin ich ja nicht aus meinem alten Leben geflüchtet. Doch waren wir gerade so gut im Flow, dass wir nach einer nur kurzen Pause weitermarschierten.

Mit Begegnungen und interessanten Bekanntschaften war heute nicht so viel, aber das machte nichts. Ich genoss es auch mal mit mir selber zu sein und innere Einkehr zu finden. Leute trifft man natürlich immer, und den üblichen Small Talk gibt es natürlich auch immer. Wo kommst du her? Wo geht's hin? Ist das ein Esel? usw... Diese Gespräche sind so zahlreich, dass ich mir gar nicht alles merken kann, und laufen, mehr oder minder, auch immer gleich ab, so dass sich darüber zu berichten nicht lohnt.


Über eine schöne, ausgedehnte Blumenwiese erreichten wir Burg Giechburg. In Erwartung einer schönen Burganlage schaltete ich einen Gang hoch und trieb meinen Esel den Berg hoch. Oben angekommen war ich dann fast ein bisschen enttäuscht. Die Burganlage war toll - keine Frage! Aber es war irgendwie alles so sauber hier, der Rasen super gepflegt und kurz geschnitten. Was sollte denn Vaillant da fressen? Irgendwie wollte diese geschniegelt gepflegte Anlage nicht so recht zu uns passen.

Es gab auch eine Wirtschaft mit Biergarten, doch die hatte zu - ausnahmsweise nicht wegen Corona, sondern einfach weil Montags Ruhetag war!


Am Ende des Besucherparkplatzes fand ich ein für uns adäquates Plätzchen im Burggraben. Hier schlug ich mein Lager auf, für Vaillant gab's Futter im Überfluss und wir störten niemanden und wurden nicht gestört, es war ja niemand da.



 

Die Sonne meinte es heute gut mit uns. Zu gut. Es war heiß und schwül. Wir brauchten bereits früh eine Pause. Also sattelte ich Vaillant auf einer Streuobstwiese mit Kirschbäumen ab. Vaillant ließ sich die umherliegenden Kirschen schmecken, und ich legte mich unter einen Kirschbaum in den Schatten. Die Kirschen schienen ihm gut zu munden, jedenfalls begnügte sich Vaillant jetzt nicht mehr nur mit dem runtergefallenen Obst, sondern rupfte ganze Zweige mit den süßen Früchten vom Baum ab und verschlang diese mit Stumpf und Stiel!

Hoffentlich sah uns der Bauer nicht, ich glaube, dem würde das nicht behagen. Es war aber weit und breit niemand zu sehen, also ließ ich ihn gewähren.


An diesem Morgen war ich bereits sehr früh aufgestanden, um möglichst viel Strecke in der morgendliche Kühle machen zu können. Ab Mittag wurde die Hitze unerträglich zum Laufen. Wenn man sich die Wettervorhersage ansah, würde ich das auch die nächsten Tage wieder so machen müssen.

Doch heute hatten wir noch ein bisschen was vor, also drängte ich Vaillant zum Weiterlaufen. Auf dem Weg auf die "Hohe Metze" ging es durch den Wald. Dort war es etwas kühler und bei leichtem Anstieg angenehm zu gehen. Bei schöner Aussicht ließ es sich hier gut verweilen.



Im Gipfelbuch hinterließ ich meine "Duftmarke".


Vorbei am "Schönstattzentrum Marienberg" wanderten wir bis zur Schutzhütte "Küpser Linde", wo wir die Nacht verbrachten.

Das Schönstattzentrum ist eine kirchliche Einrichtung für Kinder und Jugendliche. Ein riesiges Gelände mit Sport- und Freizeitmöglichkeiten und schönen modernen Gebäuden. Jedoch drumherum zog sich zweifach ein drei Meter hoher Stacheldraht!? Was war denn da los? Hatten die Angst, dass die Kinder abhauten, die kamen doch (hoffentlich) freiwillig her. Oder Überbleibsel von früher? Vielleicht war das mal eine Anstalt für schwererziehbare Jugendliche. Keine Ahnung. Schulterzuckend zogen wir weiter.


In der Schutzhütte probierte ich meine neue Hängematte aus (Rudi hatte die am Wochenende schon mitgebracht). Funktionierte gut. Hatte aber längere Schnüre zum Aufhängen, was einerseits von Vorteil ist, da sie dadurch besser "federt" und vielleicht nicht so schnell reißt. Der Nachteil ist, ich brauch mehr Platz zum Aufbauen.

Vaillant drängte sich mit in die Hütte rein, da war es einfach kühler - und blieb auch die ganze Nacht bei mir.



 

"Das ist kein Esel. Das ist ein Muli!"

Die drei Männer diskutierten untereinander, ob Vaillant nun ein Esel sei oder ein Maultier. Einer der dreien stach heraus, er war groß und stämmig, während die anderen beiden eher schmächtig und klein waren. Der Große schien auch der Wortführer zu sein, jedenfalls kamen seine Aussagen so überzeugend rüber, dass sich die beiden anderen nicht trauten zu widersprechen.

Ich lag im Schatten und genoss mein Staffelbergbräu- Weißbier, das ich am Morgen in der Staffelberg- Brauerei erstanden hatte. Drei Euro für zwei Flaschen! Ganz schön teuer, jedoch waren die Leute dort sehr nett und es gab für Vaillant noch Wasser, und mir haben sie noch zwei belegte Brote mit Leberwurst mitgegeben. Der Preis hat sich also relativiert. Ein Esel als Reisebegleiter macht's möglich.

"Das ist doch ein Maultier?", wandte der Große sich nun an mich. "Nein, das ist ein Esel!" -"Das kann nicht sein, Esel sind viel kleiner, das muss ein Muli sein!" - "Nein, ist es nicht. Das ist ein Esel!", versuchte ich ihn zu überzeugen.

Ungläubig starrte er mich an und beharrte darauf, dass Vaillant ein Maultier sein müsse. Meine Güte, die Meinungsstabilität dieses Mannes war ja fast wie bei Vaillant, wenn er einen Berg hoch laufen sollte.

Ich erklärte ihm nochmal langsam zum Mitschreiben, dass dies ein französischer Esel sei. Die seien nun mal so groß. "Da haben Sie ihn aber gut gefüttert!" - zum Haare raufen!

"Sie sind ja auch größer als Ihre beiden Kameraden!", entfuhr es mir. Konsterniert ging er daraufhin seines Weges.


Hmm, Esel oder Muli?!? - Ich weiß nicht!

In Klosterlangheim, einem urigen kleinen Dorf mit schmucken Häusern, die ehemals alle zur Klosteranlage gehörten, jetzt aber in Privatbesitz sind, fragte ich im Vorbeigehen an einem Biergarten, die dort sitzenden Leute nach einer Übernachtungsmöglichkeit.

"Da müssen wir nur die Ulli fragen", sagte einer der Männer und sprang auf, "komm mit!" Herr Richter, so hieß der Mann, ließ sein frisches Bier stehen und rannte vor mir her zum Haus von Ulli. Die wohnte in der ehemaligen Klostermühle und war gerade am Wohnung renovieren, hatte aber nichts dagegen, wenn ich unten am Weiher übernachten wolle.

Der Weg zum Weiher führte entweder direkt durch Nachbars Garten oder mit einem Umweg von knapp einhundert Metern drumherum. Herr Richter dachte nicht daran, den Umweg zu laufen, sondern klingelte bei Nachbars und als diese nicht öffneten, ging er einfach durchs Gartentor hinein.

Was er nicht bedacht hatte war, dass Vaillant kein Hund ist, der leichtfüßig über den Rasen springt, sondern halt doch eher ein Trampeltier. Hinten raus mussten wir durch eine Lücke in den Hecken, wo Vaillant einfach nicht richtig durchpasste. Er drehte sich um, trampelte durch die Blumen und die Beete.

In diesem Moment kam die Hausbesitzerin hinterm Haus hervor und begann zu schimpfen und zu schelten. Was uns einfiele, die schönen Beete und ihre schöne Blumen! Der Herr Richter aber blieb ganz cool, beruhigte die Frau und nahm alle Schuld auf sich.


Am Weiher war es ganz nett und da es noch früh am Tag war, zog ich meine Badehose an und ging eine Runde schwimmen. Und da die Klamotten sowieso gerade unten waren, habe ich sie auch gleich im Weiher gewaschen. Natürlich nur mit Kernseife, biologisch abbaubar.



Am nächsten Morgen waren die Klamotten noch nicht ganz trocken und auch das Zelt war noch feucht. Also wartete ich ein bisschen ab und lief erst später los.

Auf dem Rückweg durchs Dorf kam ich wieder an Ullis Mühle vorbei (diesmal ging ich den Umweg), und Ulli lud mich direkt zum Frühstück ein. Ich erzählte ihr auch von Vaillants Ohrenproblem mit den Mücken und dass das mittlerweile fast untragbare Zustände angenommen hat.

Sie schickte mich zu einer Nachbarin, die Pferde hat, vielleicht wüsste die ja eine Lösung. Da Vaillant eh grad abgesattelt war, nahm ich ihn gleich mit.

Die Nachbarin nahm sich dem Problem an und empfahl mir ein Wundermittel: Rinderfluid!



Das Zeug stinkt, na ja bestialisch wäre übertrieben, aber ganz ordentlich. Wir hatten Mühe es in Vaillants Ohren aufzutragen, schafften es aber irgendwie und es stellte sich eine sofortige Besserung ein. Man hatte sofort das Gefühl, dass es Vaillant den Juckreiz wegnimmt. Und in der Folge konnte ich auch feststellen, dass die Mücken nicht mehr so an ihn ran gingen.

Herzlichen Dank für die Hilfe an den oekonomiehof.de


Zurück bei Ulli, wartete dort ein Reporter des Obermain- Tagblatts auf mich. Ulli hatte ihn während meiner Abwesenheit angerufen, und der ließ sich nicht zweimal bitten und eilte schnurstracks hierher.

Der Typ war ganz angenehm und das Interview dauerte satte eineinhalb Stunden. Das Ergebnis ist auf der Startseite verlinkt oder hier: www.obermain.de/lokal/obermain/wanderung-mit-dem-esel-ueber-klosterlangheim-bis-in-den-iran;art2414,903944


Der Reporter und Ulli

So starteten wir also mit reichlich Verspätung erst um halb eins zu unserer Tagesetappe. Vaillant hat wohl schon gedacht, heute gäbe es einen Ruhetag, denn er wollte nicht so richtig laufen. Nach einer Tragestrecke durch den Wald, ging es dann oben über eine Hochebene wieder angenehm weiter, und wir kamen doch noch gut voran.


So erreichten wir bald das Gasthaus "Zur Steinernen Hochzeit". Die Wirtin und Bäuerin bot mir über Nacht eine Pferdebox für Vaillant an, was ich dankend annahm. Da die Leute gerade bei der Heuernte waren, schlug ich vor, im Gegenzug und für ein Abendessen beim Stapeln der Kleinballen zu helfen. Damit war die Bäuerin einverstanden. Leicht verdientes Abendessen, dachte ich mir, und freute mich, mich mal wieder anders körperlich betätigen zu dürfen.

Am Ende schufteten wir bis nachts um elf und es waren weit über Tausend Kleinballen, die wir zu dritt stapelten. Puh, war doch nicht so leicht verdient!

Die Belohnung in Form des Abendessens aber war reichlich und gut. Es gab Wurst und Fleisch vom Grill, kaltes Vesper, allerlei Beilagen und Salat und natürlich reichlich Bier. Als Zulage für die geleistete Arbeit hat die Bäuerin mir noch meine Wäsche gewaschen.

Kaputt, aber zufrieden schlief ich in meinem Schlafsack neben Vaillant ein.



Der merkwürdige Name des Gasthauses "Zur Steinernen Hochzeit" rührt daher, dass es hier früher mal eine Felsformation gab, die mit ihren Zacken und Spitzen an eine Hochzeitsgesellschaft erinnerte. Die Formation nannte man deshalb "Steinerne Hochzeit". Heutzutage sind von den Felsen leider nur noch Fragmente übrig. Ein Erdbeben 1963 und die ständige Erosion haben ihre Arbeit getan.


 

Die Wander- App sagte für heute wieder anspruchsvollere Wege voraus, mit etlichen Höhenmetern. Darauf hatte ich heute keine Lust, deshalb entschied ich mich, lieber auf dem asphaltierten Radweg zu laufen - war einfach gemütlicher.


An Kirschbaumplantagen vorbei - Vaillant konnte nicht widerstehen und hat ein paar Kirschen stibitzt - kamen wir nach Peesten. Das war ein kleines Dorf, aber mit vielen modernen Einfamilienhäusern, zumindest in dem Teil, durch den wir gingen.

In einem dieser schön angelegten Gärten arbeitete ein Gartenbauer und Baumpfleger, Raphael. Im Laufe des Gesprächs bot er mir an, bei ihm zu Hause vorbeizukommen, er würde mir und Vaillant auf jeden Fall Unterschlupf gewähren.

Das kam mir sehr gelegen. Ich wollte nächste Woche für ein paar Tage nach Hause fahren, ich hatte noch Dinge zu erledigen und wollte mich auch noch impfen lassen.

Deshalb fragte ich Raphael, ob ich Vaillant bei ihm auch ein paar Tage unterstellen könnte, solange ich nicht da bin. Raphael willigte ein, meinte, da würden wir schon eine Lösung finden. Er gab mir seine Adresse und wir verabredeten uns für den Sonntag.


Die Aussicht auf eine Lösung dieses Problems, das mich schon ein paar Tage beschäftigte, beflügelte und ließ mich befreit weiterwandern.

Die Laune war also bestens, durch Wiesen und Felder ging es hinunter in die Mainebene.


Hier entstanden auch diese schönen Korn-, Mohn- und anderen Blumenbilder:



Ein Stück weiter in einem Dorf sah ich diesen schönen Baum, eine Tanzlinde:



Sieht doch auch total cool aus, oder?


Weiter am Weißen Main entlang wandernd, bekam ich von Passanten den Tipp für eine kleine, geheime Badebucht. Da gefiel es mir so gut, dass sich die eigentlich geplante kurze Pause auf den ganzen restlichen Tag ausdehnte, und ich auch die Nacht dort verbrachte.


Auch am Sonntag waren wir wegen der Hitze wieder früh auf unseren insgesamt sechs Beinen. Wir schlenderten mehr als das wir wanderten, den Weißen Main entlang bis Ziegelhütten. Wir waren jetzt kurz vor Kulmbach und ich überlegte, ob wir in die Stadt reinlaufen sollten oder nicht. Ich entschied mich letztlich dagegen, da es von dieser Richtung aus lange durch Industriegebiete und Vororte gegangen wäre, bevor wir in die Altstadt gekommen wären.


Wir umgingen also Kulmbach und bald darauf erreichten wir Mainleus, wo Raphael wohnte. Dort wurde ich sehr herzlich empfangen. Raphael und seine Freundin waren von der Sorte Mensch, bei denen man sich einfach von Anfang wohl und aufgehoben fühlt.


Raphaels Freundin hatte ein Pferd, das bei einem benachbarten Bauern einsteht. Die Weide dieses Bauern reichte bis an Raphaels Haus heran. Der perfekte Platz für Vaillant.


Hier konnte ich Vaillant bedenkenlos ein paar Tage zurücklassen, während ich mich um die leider unaufschiebbaren Dinge in der Heimat kümmern konnte, die meine persönliche Anwesenheit erforderten.


Mehr über Raphael und meinen Aufenthalt dort erfahrt ihr noch im nächsten Bericht...









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