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  • Jürgen schreibt für Michel

Hart an der Grenze

Weiter gings im Erzgebirge, immer haarscharf an der tschechischen Grenze entlang. Manchmal auch drüber...



Hier schreibt Jürgen:


Einige Planken waren morsch und dünn, andere fehlten ganz. Die ganze Brücke war marode und sah wirklich nicht sehr vertrauenserweckend aus. Mit Vaillant da drüber? Ein Unding.

Wir versuchten es gar nicht erst und nahmen gleich den Vorschlag eines Schildes an einem Baum auf: Alternativer Weg! Diese Richtung! Wir folgten also dem Pfeil nach links, immer einem Pfad entlang, der aber gut zu gehen war. Allerdings wollte auch dieser Weg, dass wir den Bach queren, diesmal jedoch ganz ohne Brücke.

Hm, das war nicht so einfach. Der Pfad führte steil hinunter zum Bachufer und durch den Bach durch. Die vereinzelten Steine im Bach wurden vom Wasser überspült, so dass selbst ein normaler Fußgänger Schwierigkeiten hatte, trockenen Fußes drüber zu kommen.

Das Unterfangen, Vaillant da durch zu bekommen, schien aussichtslos. Wir probierten es trotzdem.

Hinunter bis an den Bach ging es noch ganz gut. Doch Wasser hat auf den Esel eine Wirkung, als ob er eine Schlangengrube betreten sollte.

Zu allem Überfluss bekamen wir jetzt auch noch Zuschauer. Erst einer, dann zwei, drei und immer mehr bis schließlich eine ganze Menschentraube im Wald stand. Wie Geister tauchten sie zwischen den Bäumen auf. Fast ein bisschen unheimlich.

Auf jeden Fall unangenehm, denn das Publikum trug nicht gerade zur Beruhigung von Mensch und Tier bei.



Letztendlich haben wir Vaillants Dickkopf nachgegeben. Aber was sollten wir jetzt machen? Zurück? - Über die Brücke ging ja nicht. Noch weiter zurück? - Das wäre ein Umweg von mehreren Kilometern gewesen.

Ich erkundete das Gelände weiter bachabwärts. Da war eine Staumauer, der Durchlass war geöffnet, so dass der Bach abfließen konnte. Da drüber ging aber auch nicht, seitlich ging die Mauer in eine Felswand über, da kamen wir gar nicht hin.

Unten an der Mauer war der Bach aber breiter und langsamer. Da war es auch nicht so tief, kaum tiefer als eine Pfütze. Das würde vielleicht gehen.

Michel führte Vaillant dorthin, und mit Geduld und Spucke schafften wir es tatsächlich ihn zu überreden durch den Bach zu gehen. Wir setzten uns einfach auf der anderen Bachseite mit etwas Abstand hin und, siehe da, auf einmal waren die Schlangen gar nicht mehr so bissig...


Ohne weitere Zwischenfälle, ohne Bachdurchquerungen und ohne panisch durchdrehende Pferde, erreichten wir Olbernhau.

Unser Ziel dort war ein Campingplatz, doch zuvor deckten wir uns noch mit Notwendigem im Edeka ein.

Der Campingplatz ist klein und schnuckelig, es sind nur zehn Stellplätze, und hat erst seit diesem Jahr geöffnet. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass alles schön und neu ist, für die Sanitäreinrichtungen werden die Räumlichkeiten einer alten Gaststätte genutzt, aber das störte uns nicht weiter und da Vaillant willkommen geheißen wurde, blieben wir.

Thomas kam, um mich abzuholen, dann konnten wir unseren Lagerplatz einrichten.



 

Ich entschied mich, die nächsten Tage nicht mitzuwandern. Das Wetter wurde schöner und entsprechend heißer. Das wäre mit Frieder nicht mehr gegangen.

Außerdem wollte ich auch einfach mal ein paar Tage chillen - schließlich hatte ich ja Urlaub.

Also blieb ich noch einen Tag länger auf dem Campingplatz und Michel lief, wie gewohnt, am Morgen mit Vaillant los.

Viel zu berichten gibt es von diesem Tag nicht. Nur eine Begegnung mit dem Olbernhauer Wanderverein ist erwähnenswert.

Dies war eine Wandergruppe mit ca. 25 Leuten. Die waren natürlich alle total begeistert von Vaillant. Es gab ein großes Hallo und alle wollten Vaillant streicheln und ihn natürlich auch fotografieren. Da sagte Michel so im Scherz: "Ein Foto kostet einen Euro!"

Die Olbernhauer ließen sich nicht bitten, da wollten sie sich nichts nachsagen lassen. Der Führer der Gruppe ließ sofort den Hut rumgehen und jeder tat was rein. Am Ende überreichten sie Michel tatsächlich etwa 25,- Euro in Münzen!



Eine der Teilnehmerinnen - sie kam aus Ansprung, einem kleinen Ort, durch den wir neulich durchmarschierten (der mit dem panischen Haflinger) - offenbarte Michel, dass sie uns heimlich aus dem Küchenfenster fotografiert hätte, kurz nach einem kleinen Zwischenstopp in einer Fleischerei (in Sachsen heißen die Metzger Fleischer).

Als Entschädigung für die Verletzung unserer Persönlichkeitsrechte (ist nicht ganz so ernst gemeint), rückte sie aber die Bilder freiwillig raus.



Außerdem hat Michel an diesem Tag noch eine Ausgabe der Zeitung aufgetrieben, in der der neueste Artikel über ihn erschienen ist. Siehe hier oder Link auf der Startseite.



Michel richtete sich an diesem Abend auf einem Parkplatz hinter einem Sportgelände und Freibad ein. Am Telefon erzählte er mir, dass er aber vielleicht morgen früh noch ein Stück weiter laufen würde, um einen besseren Platz zu finden. Er würde mich dann informieren. Ok, alles klar!

Kurz darauf meldete sich Kerstin bei mir. Sie wollte morgen ankommen. Außerdem hatte sie eine Überraschung für Michel organisiert. Michels Endurokumpels wollten auf einen Sprung vorbeischauen. Ihnen hatte sie bereits den aktuellen Standort von Michel kommuniziert. Wenn Michel jetzt nochmal den Platz wechseln würde, wäre das blöd. Ich solle doch dafür sorgen, dass Michel da bleibt!

Hm, wie sollte ich das denn jetzt machen?!? Wenn ich ihm jetzt nochmal anrufe, würde er doch Verdacht schöpfen!!!

Also erstmal Ruhe bewahren und abwarten, was der nächste Morgen so bringt. Und - als hätte ich es geahnt - am nächsten Morgen war Kerstin schon so früh da, dass sie Michel selber überreden konnte da zu bleiben. Sie erzählte ihm, dass sie so kaputt sei, da sie gerade durch halb Deutschland gefahren sei. Das war plausibel und auch viel unverfänglicher.


Ich packte meine Sachen zusammen und fuhr rüber. Wir richteten uns auf dem Parkplatz für einen Ruhetag ein. Der Platz war gar nicht so schlecht. Hier hinten in der Ecke störten wir niemand.

Und nachmittags kamen dann die Kumpels. Das Hallo war groß und Michel freute sich auch und war auch überrascht, obwohl er sich das nicht anmerken ließ ("Er hätte sowas schon geahnt"... ha,ha,ha!).


Baby Vaillant

 

Die folgenden Tage kürze ich ein bisschen ab, um den Rahmen dieses Berichts nicht zu sprengen.

Michel lief manchmal alleine, manchmal nur mit Kerstin, manchmal mit mir oder auch mal alle drei zusammen. Immer mit dabei war Vaillant.

Da wir jetzt ja zwei Autos zu Verfügung hatten, waren wir recht flexibel. Wir konnten zum Beispiel mit zwei Autos zum nächsten Platz fahren, mit einem dann zurück, dann wanderten wir die Strecke und holten das zweite Auto dann nach.

Wir standen überwiegend frei, meistens auf Parkplätzen oder in der "Wildnis". Einmal haben wir auf dem Gelände einer Jugendherberge übernachtet. Da wollten wir eigentlich auf einen Campingplatz, wurden aber abgewiesen - die wollten nicht, dass ein Esel auf den "englischen Rasen" kackte. Also suchten wir nach einer Alternative.

Im Google fanden wir ein Leistungsportzentrum und eben diese Jugendherberge auf einem weitläufigen Gelände. Da fuhren wir hin und fanden auch ein geschicktes Plätzchen direkt neben der Herberge. Die Jugendherberge hatte zu und es war niemand zu sehen.

Ein anderer Nachbar hatte aber gesagt, es wäre ab und zu schon jemand da. Wir stellten uns auf den auserkorenen Platz und warteten ab. Das ist dann schon ein blödes Gefühl, wenn man nicht richtig weiß, ob man hier willkommen ist oder nicht. Man packt gar nicht so viel aus oder baut nicht richtig auf, da man immer damit rechnen muss, wieder verjagt zu werden.

Nach einiger Zeit kam der Herbergsvater dann an. Er winkte schon von weitem freundlich herüber. Er war auch Camper und kam gerade aus dem Urlaub. Als wir ihm, auf die Frage woher wir kämen, irgendwas von Bodensee erzählten, lachte er und meinte: "Da kommen wir gerade her. Wir waren in der Schweiz und sind am Bodensee hochgefahren!" Das Eis war gebrochen. Wir konnten nicht nur da stehen bleiben, sondern bekamen auch Wasser, hätten Strom bekommen, wenn wir welchen gebraucht hätten, und - wir durften sogar in der Jugendherberge aufs Klo gehen und duschen! Einfach Weltklasse!


Hier ein paar Eindrücke von unterwegs:

Abstecher in die Tschechei zum Tabak kaufen
Ich will nicht in die Tschechei!!!

Dieses Bild hat in den sozialen Medien für etwas Aufregung gesorgt. Wegen tiergerechtem Umgang mit Vaillant und so. An dieser Stelle sei gesagt, dass Michel so mit Vaillant nicht umgeht. Diese Szene ist fürs Foto gestellt. Es hätte auch gar kein Sinn, einen 360 kg- Esel irgendwo hinziehen zu wollen. Das funktioniert nicht!

In der Regel läuft Vaillant mit etwas Geduld von alleine weiter...



Der Landschaftspfleger musste extra sein Gerät beiseite räumen, da Vaillant die Sägen, Rechen usw. für bissig hielt...

 

"Jetzt bräuchten wir ne Bushaltestelle", meinte Michel. "Kein Problem!", sagte ich, "hier ist eine!" Direkt um die Ecke war eine große Bushaltestelle mit einem Wartehäuschen, das einen trockenen Unterstand während des Regens versprach. Wir stellten uns unter, der Regen nahm immer mehr zu, prasselte teilweise heftig zu Boden. Da hatten wir ja Glück gehabt.

Michel checkte die Wanderapp. "Also, entweder 13 km mit vielen Höhenmetern auf dem Wanderweg oder nur 9 km mit weniger Höhenmetern auf asphaltierten Straßen." Angesichts des Wetters entschieden wir uns für die Straßen.

Anfangs ging das noch ganz gut. Auf kleinen Nebenstraßen mit sehr wenig Verkehr war das Laufen noch ganz angenehm. Doch die Straßen wurden breiter, der Verkehr nahm zu und manche Autofahrer brettern einfach wie die Irren an einem vorbei.



Auf dem Bild sieht man die Geschwindigkeit ja nicht, und - Gott sei Dank - hört man auch nicht das Fluchen von Michel und mir.


Kerstin hatte heute die Kundschafterin gemacht und war voraus gefahren, um einen Übernachtungsplatz zu sichern. Auf dem avisierten Campingplatz wurde sie aber abgewiesen. Diesmal aber nicht wegen der Kacka auf der Wiese, sondern weil schlicht und einfach voll war.

Kerstin probierte es da und dort, hatte aber kein Glück. Einem Tipp folgend fuhr sie zum "Gute Laune- Hof".

Schon in der Einfahrt kam ihr Raymont entgegen. Später erzählte sie, dass sie wohl ziemlich verzweifelt ausgesehen haben muss, denn Raymont fragte: "Was ist denn los, Mädel? Was brauchst du denn?" "Ich suche einen Platz für zwei Campingbusse, zwei Hunde und einen Esel. Außerdem brauchen wir dringend Strom und Wasser...", antwortete sie weinerlich. "Kein Problem, ist doch alles da!" Raymont zeigte auf den Parkplatz und die Wiese. "Da hinten ist Strom, Wasser könnt ihr haben, ein Bus kann auf den Parkplatz, einer auf der Wiese!"

Kerstin war erleichtert und freute sich, uns nicht enttäuschen zu müssen. Gegen späten Nachmittag kamen wir auf dem "Gute Laune- Hof" (gute-laune-hof.de) an und trafen als erstes auf Stefan.

Stefan ist der frühere Besitzer des Hofes. Er hat die Ferienwohnungen gebaut und jetzt im Ruhestand an Reina und Raymont verkauft - mit lebenslangem Wohnrecht.

Später lernten wir auch Reina und Raymont kennen. Beide sind Heilpraktiker und perspektivisch wollen sie ihr gesundheitliches Wissen und die Ferienwohnungen zu einem Gesundheitszentrum zusammenführen.



Mein Hund Frieder war sofort verliebt in Reina. Das ist bei einem Hund, der sich nur zögerlich anfassen lässt, durchaus bemerkenswert. Reina umgab irgendwie eine Aura, die auf Frieder anziehend wirkte.



Jetzt mussten wir den beiden nur noch schonend beibringen, dass wir eigentlich zwei Nächte bleiben wollten, da wir einen Ruhetag nötig hätten. Aber auch das war kein Problem.

Wir ließen uns von der locker leichten Atmosphäre auf dem Hof einfangen und genossen die beiden Tage richtig. Es war eine Wohltat an diesem Ort zu sein.

Mit der Zeit freundeten wir uns mit sämtlichen Gästen der Ferienwohnungen an. Mit ein paar Handwerkern, die hier übernachteten, verbrachten wir einen lustigen und sehr "sächsischen" Abend.

Michel fand Zeit, Vaillants Hufschuhe mit Stahlkappen zu versehen (eigentlich vorgesehen für Motocross- Stiefel), und ich hatte Gelegenheit endlich mal wieder einen Bericht zu schreiben. An dieser Stelle: Sorry, wenn es immer so lange dauert, bis ein neuer Bericht kommt.

Außerdem musste noch der Zaun wieder repariert werden, den Vaillant über Nacht zerstört hatte.



Das waren zwei tolle und entspannte Tage auf dem "Gute Laune- Hof". Wer mal in der Gegend Urlaub machen möchte und ein Ferienwohnung sucht, sollte den Hof auf jeden Fall in Betracht ziehen.


Vielen herzlichen Dank an Reina und Raymont. Eure Gastfreundschaft war außergewöhnlich und ihr seid zwei außergewöhnlich tolle Menschen!



 

Den Wechsel vom Erzgebirge in die Sächsische Schweiz, die Teil vom Elbsandsteingebirge ist, erkennt man am besten am Wechsel der Gesteinsarten. Während im Erzgebirge eine Mischung verschiedener Gesteinsarten vorlag, dominierte in den letzten Tagen der für die Sächsische Schweiz so typische Buntsandstein immer mehr.


Wir liefen von Leupoldishain, wo der "Gute Laune- Hof" liegt, das kurze Stück nach Königsstein, und somit ins Elbtal, hinunter. Hier kommt man in eine andere Welt.

Im Erzgebirge trafen wir nur wenige Leute, oft war man auf den Wanderwegen alleine und man kam höchstens durch kleinere Dörfer.

Auch in den größeren Ortschaften war der Tourismus eher sanft und nicht stark ausgeprägt. Das ist natürlich im Elbtal anders!

Hier kriegst du den richtigen Touri- Hammer auf den Kopf gehauen. Viele Menschen, viel Verkehr, es ist laut, überall die Schilder und Tafeln mit den Touri- Angeboten.

Etwas überspitzt könnte man sagen: man kommt von der Wildnis zurück in die Zivilisation!



Die "Zivilisation" hat aber auch schöne Seiten:



Blick zurück auf die Festung Königstein

Das Elbtal ist landschaftlich natürlich wirklich sehr schön. Kein Wunder, dass hier Unmengen von Touristen herkommen. Wir liefen der Elbe entlang immer Richtung Bad Schandau.



Kerstin ging heute wieder ihrem Job als Vorhut nach. Jetzt meldete sie sich mit der schlechten Nachricht, dass nirgendwo ein Platz zum Übernachten aufzutreiben wäre. Sie wirkte wirklich einigermaßen ratlos.

Wir hatten das im Vorfeld schon befürchtet, dass die Platzsuche im Elbtal schwieriger werden würde. Ich kannte das schon von früheren Besuchen in der Gegend.

Alle Parkplätze sind gebührenpflichtig! - Alle! Selbst an den kleinsten Wanderparkplätzen irgendwo draußen im Nichts steht noch ein Parkautomat. Und natürlich wird kontrolliert - und übrigens auch viel geblitzt.

Sämtliche Flächen außerhalb dieser Parkplätze sind abgesperrt. Und überall diese Schilder: Übernachten verboten!

Ok, die Sächsische Schweiz ist Nationalpark. Da ist Freistehen und Wildcampen natürlich nicht erlaubt, aber das Elbtal an und für sich ist von den Nationalparkregeln ausgenommen. Die Restriktionen gegenüber Freistehern sind wahrscheinlich dadurch begründet, dass es sonst überhand nehmen würde. Und natürlich kommt so auch ein bisschen Geld ins Stadtsäckel.

Also, an alle Freiträumer da draußen: Wenn ihr frei stehen wollt, fahrt ins Erzgebirge!


Wir verabredeten mit Kerstin, dass wir uns irgendwo treffen wollen und die Situation bequatschen. Dazu wurde der Lidl- Parkplatz am Ortsanfang von Bad Schandau auserkoren. Wir mussten über die Brücke auf die andere Elbseite wechseln, wofür wir einen ziemlich umständlichen Bogen laufen mussten. Inzwischen war es recht schwül geworden und verschwitzt kamen wir am Parkplatz an, wo Kerstin bereits auf uns wartete.

Wir gingen nochmal alle Möglichkeiten durch, von denen Kerstin uns berichtete, aber ein Platz nach dem anderen fiel aus verschiedenen Gründen durch. Die Park4Night- App, bei der User Stellplätze bewerten können, riet davon ab, auf diesen Plätzen zu übernachten.

Lediglich zwei Möglichkeiten blieben übrig. Zum einen war es dieser Parkplatz, auf dem wir uns gerade befanden und zum anderen ein Schotterparkplatz beim ehemaligen Grenzübergang zur Tschechei.

Hier wollten wir nicht bleiben, weil wir sonst für Morgen eine zu lange Wanderstrecke hätten. Morgen würden wir in der Tschechei sein, wo wir ähnliche Platzprobleme erwarteten. Daher hatten wir uns für da schon einen Campingplatz ausgesucht. Der war aber vom jetzigen Standort noch über 25 Kilometer entfernt.

Blieb noch der Parkplatz an der Grenze. Etwas missmutig liefen wir los. Wir hatten Vaillant die Packtaschen wieder aufgesattelt (er lief die letzten Tage immer ohne Gepäck, das wir im Auto transportiert hatten), da wir hofften mit dem Aussehen eines Fernwanderers vielleicht bei Privat was erreichen zu können.



Zu allem Überfluss ging auch noch ein Regenschauer runter, der aber grad gut zu unserer Stimmung passte:



Der Regenschauer war nur von kurzer Dauer. Wir gingen weiter bis nach Schmilka, das letzte Dorf auf deutscher Seite.

Die Hoffnung noch ein Plätzchen zu finden schwand, und die Laune ging gegen Null. In Schmilka beschlossen wir, jetzt schon mal die Autos nachzuholen. Michel wollte hier solange warten, da Vaillant nochmal eine Pause benötigte. Danach wollten wir dann noch die letzten zwei Kilometer angehen.

Als wir zurückkamen, saß Michel am Elbufer. Das war eigentlich auch ein schönes Plätzchen, da wäre man sogar mit dem Auto hingekommen. Doch war das bestimmt wieder verboten, oder?

Kerstin packte jetzt der Ehrgeiz. Sie ging in das danebenliegende Restaurant und fragte nach, wem die Wiese gehörte. Sie wurde ans nächste Restaurant auf der anderen Straßenseite verwiesen. Dort rannte sie auch rein. Wir warteten. Sie kam nicht. Wir warteten und warteten und warteten...

Als sie dann endlich kam, hatte sie so ein freudiges Grinsen im Gesicht. Strahlend erzählte sie uns, dass wir auf dem Angestelltenparkplatz nächtigen dürfen. Der wäre nur zwanzig Meter da vorne. Zwar nur ein Schotterplatz mit riesigen Pfützen drauf, aber Hei. Egal!

Kerstin hatte bisher schon immer ein gutes Händchen bei der Platzsuche bewiesen, aber das war definitiv ihr Meisterstück! Kerstin, du bist die Größte!

Wir holten unsere Autos und parkten sie auf dem Parkplatz. Der Platz war wirklich nicht schön, aber Hauptsache wir konnten beruhigt schlafen, ohne Sorge zu haben, dass wir wieder wegfahren müssten.

Wir bauten, außer dem Dachzelt, nichts auf. Wir hatten sowieso vor, Kerstin zum Essen einzuladen, als Dank dafür, dass sie uns die ganze Zeit so toll bekocht hat.



 

Der letzte gemeinsame Wandertag stand an. Wir brachten morgens schon mal das erste Auto auf den auserwählten Campingplatz, checkten dort auch schon ein, damit wir das mal sicher hatten.

Mit dem zweiten Auto fuhren wir zurück bis an die Grenze. Dort wartete Michel schon, der für das kurze Stück von Schmilka bis an die Grenze nur zehn Minuten gebraucht hatte.

Das historische Ereignis, den ersten echten Grenzübertritt, wollten wir gemeinsam erleben. Und dann war es soweit:


Aus Deutschland raus...
...nach Tschechien rein!
Rechts ranfahren bitte!

Nur ein Scherz! Kontrollen gab es natürlich keine. Der Grenzübergang ist, wie bei allen anderen auch, seit Schengen unbesetzt. Lediglich die Gebäude sind noch da.

Auf deutscher Seite stand zwar auf einem Parkplatz eine deutsche Zollstreife, doch die wollten nichts von uns, außer einem Schwätzchen halten.


Der Grenzübertritt gestaltete sich also reichlich unspektakulär, aber eine erstes großes Etappenziel wurde damit erreicht. Nach vier Monaten Wanderung verlassen Michel und Vaillant Deutschland.


Herrlichen Glückwunsch, Michel, dass du es bis hierhin geschafft hast! Ich hoffe, dass deine Reise auch weiterhin unter einem so guten Stern steht wie bisher. Ich wünsche dir weiterhin viel Glück und Erfolg!


Hrensko, die erste Ortschaft in Tschechien, war für uns, gelinde gesagt, ein kultureller Schock!

Das man hier entlang der Elbe nicht mehr einsam ist, haben wir ja schon gemerkt, aber was in diesem Hrensko los war...! Keine Worte. Massen von Menschen schoben sich durch das malerische Dorf. Innerhalb kürzester Zeit waren die verfügbaren (kostenpflichtigen) Parkplätze belegt und die Polizei stand schon, mit dem Kofferraum voller Parkkrallen, parat.

Vom Bahnhof auf der gegenüberliegenden Elbseite zog sich eine Menschentraube hinunter zur Fähre, die die Menschenmassen zehn Minuten später auf unserer Seite wieder ausspuckte.

Dichtes Gedränge in den Gassen, vor den Asia- Märkten, die ihren Billig- Ramsch- Kram vertickten, die Restaurants schon am frühen Morgen proppenvoll.

Die kleine Straße hinauf pilgerte eine Karawane von Wanderern, die das Prebischtor, ein Felsentor und Wahrzeichen der böhmischen Schweiz, besichtigen wollten.



Diese Straße mussten auch wir hoch. "Lass uns erstmal einen Kaffee trinken!", schlug Michel vor. Wir platzierten Vaillant neben einer Terrasse eines Restaurants. Es dauerte nur Sekunden bis der Kellner ankam und schrie: "Weg da, das geht nicht!" Eine zweite Bedienung kam gleich zur lautstarken Unterstützung hinterher gerannt.

Wir suchten das Weite. Ein Stück weiter an einem Imbiss war man uns wohlgesonnener. Man erkannte wohl, dass Vaillant ein Publikumsliebling war und sich nur positiv auf den Umsatz auswirken könnte. Deshalb hat Michel auch zehn Euro von der Wirtin bekommen.

Statt Kaffee entschieden wir uns für Bier, anders konnte man die Situation nicht ertragen.


Vor lauter Aufregung haben wir ganz vergessen Bilder zu machen, Sorry.

Wir wanderten die Straße hoch zu unserem Campingplatz. Keine schöne Etappe zum Abschluss, aber es gab keinen anderen Weg. Dann der letzte Abend, die letzte Nacht - ein wenig wehmütig war uns schon allen ums Herz.


Am nächsten Morgen mussten Kerstin und ich dann los. Unser Urlaub war vorbei. Michel wird jetzt für längere Zeit ohne uns auskommen müssen. Die Wege für einen Besuch werden jetzt zu lang. Vielleicht, aber nur vielleicht klappt es wieder in den Weihnachtsferien. Bis dahin, alles Gute, Michel!







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