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  • Jürgen schreibt für Michel

Durchs Limestor nach Bayern


Eine ereignisreiche Woche mit vielen Begegnungen und Erlebnissen und dem ersten Grenzübertritt in ein unbekanntes Land: Bayern!


Das Limestor

Ist natürlich nicht so ernst gemeint mit dem "unbekannten Land". Bayern ist ja schließlich noch in unserer Welt, und der Grenzübertritt war auch nicht so schwer, habe die Zöllner einfach mit einem Liter Bier bestochen...

Spaß beiseite. Das Limestor bei Dalkingen ist jetzt auch nicht unbedingt exakt die bayerische Grenze, aber irgendwann im Laufe der Tage hatte ich sie passiert.

Das Limestor ist eine Nachbildung eines römischen Tores, das auf den Überresten von, bei archäologischen Ausgrabungen gefundenen, römischen Fundamenten gebaut wurde.

Das Ganze wurde mit einen futuristisch aussehenden Glaskubus umhüllt, der die lächerliche Summe von 1,8 Mio Euro gekostet hat. Ich habe mich mit ein paar älteren Leuten unterhalten, die, genauso wie ich, der Meinung waren, dass dieses Geld vielleicht lieber in die Sanierung von Straßen oder anderen sinnvollen Dingen geflossen wäre.

Egal, als Kulisse für mein Nachtlager taugte es auf jeden Fall. Das Limestor war der Endpunkt einer wunderschönen Tagesetappe.

Schon am Morgen wurden wir mit Sonnenschein geweckt und die Strecke und die Landschaft war wirklich toll. Es ging die meiste Zeit auf Wanderwegen, ganz selten mal ein Stück Asphalt. Vaillant hatte ebenso gute Laune und ist den ganzen Tag ohne Murren brav gelaufen.



Selbst über die Holzbrücke war's kein Problem, obwohl die Taschen links und rechts am Geländer gestreift haben.


Natürlich gab es auch wieder nette Gespräche mit Passanten, so wie dem jungen Bauern, der selber schon mal auf der Route des Jakobsweges bis Konstanz unterwegs war. Auch er war damals total beeindruckt von der Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Schwaben, denen man ja eher eine gewisse Verbohrtheit nachsagt. Diesen Eindruck kann ich nur voll und ganz bestätigen, bis jetzt gings mir überall gut und wurde immer herzlich empfangen.


Dann war da noch diese attraktive junge Frau, die in ihrer Latzhose richtig fesch aussah. Die war echt locker drauf und wir philosophierten über das Reisen an und für sich. Als ich ihr aber erklärte, dass man auf solchen Reisen auch auf einiges an Luxus verzichten müsse, meinte sie:

"Eben, das ist der Grund warum ich das nicht mache!"

Schmunzelnd ging ich weiter. Ja, so eine Reise ist nicht jedermanns Sache, aber ich fühle mich sauwohl dabei und an Tagen wie diesem ganz besonders. Ich bereue es auf keinen Fall, diesen Schritt gewagt zu haben.


Dass es auch anders sein kann, merkte ich gleich am nächsten Tag. Die Landschaft wurde zunehmend reizloser, eine Tiefebene mit großen Feldern auf denen Raps und Getreide in Monokulturen angebaut wurde.

Die Wege über Kilometer schnurgerade und langweilig. Das meiste ging auf Asphalt und teilweise mussten wir sogar auf der Landstraße zusammen mit dem Autoverkehr laufen. Wir waren immer noch auf dem offiziellen Limesweg, aber mit diesem Abschnitt kann man echt keine Werbung machen.


In den Dörfern sah ich die Leute in ihren Häusern hinter den Gardinen stehen, jedoch wenn ich hinschaute, ging der Vorhang schnell zu und die Leute versteckten sich.

Spielende Kinder am Straßenrand entdeckten Vaillant und johlten, aber anstatt wie sonst auf ihn zuzukommen und ihn streicheln zu wollen, liefen sie weg! Was war denn da los?


Ich fand keinen einzigen offenen Laden, was blöd war, da ich dringend Wasser brauchte.

Das Surren der vielen Windräder fand Vaillant echt komisch, und als wir uns ihnen näherten, wurde er schon richtig nervös.

Es wurde Nachmittag und es war langsam an der Zeit ein Plätzchen für die Nacht zu suchen. Ich versuchte mein Glück auf einem Bauernhof, wurde jedoch abgewiesen. Das erste Mal! Ich solle es doch auf einem anderen Hof versuchen, der war aber noch fünf Kilometer entfernt. Solange würde ich Vaillant nicht mehr am Laufen halten können.


Es begann zu regnen und trübsinnig marschierte ich weiter. Wieder ging es nur über eine Autostraße und die Autos rasten mit gefühlt 100 Sachen an uns vorbei.

Ich entdeckte noch einen anderen Hof. Dort probierte ich es, und da wurde ich, wie bisher gewohnt, freundlich aufgenommen.

Ich durfte in der Maschinenhalle schlafen. Da war es trocken und für mich gut genug. Auch Vaillant stand im Trockenen und hatte sogar ein Strohlager.

Es gab Licht und Strom, um meine vielen Akkus zu laden, und die Bäuerin brachte mir sogar noch ein paar Flaschen Wasser, das ich unterwegs ja nirgends bekommen hatte.

So ging ein etwas merkwürdiger Tag, doch noch versöhnlich zu Ende.


Mein Nachtlager

Am Mittwoch zeigte sich bereits morgens der Himmel grau und trübe. Dicke, dunkle Wolken türmten sich auf und es würde sicher Regen geben.

Am Abend würde Kerstin kommen, am Donnerstag war ja Feiertag und für sie der Beginn eines langen Wochenendes.

Also suchte ich mit Googles Hilfe nach einem geeigneten Platz, wo wir uns am Abend treffen könnten. Ich stieß bei meiner Recherche auf einen Pferdehof, keine sieben Kilometer von hier entfernt. Auf's Geradewohl rief ich da an und fragte, ob wir kommen dürfen und ein, zwei Nächte da bleiben könnten. Die Frau am Telefon war begeistert als sie meine Geschichte hörte und meinte, dass wir gerne vorbeikommen könnten. Das klappte ja wunderbar.


Also direkt rein in die Regenklamotten, die Taschen regensicher gemacht und wir machten uns auf die Socken, bzw. Hufe.

Auf dem Weg kamen wir wieder an den merkwürdigen Häusern vom Vortag vorbei. Und wieder war niemand zu sehen, fast geisterhaft. Im trüben Licht des beginnenden Regens erschien der Weiler in einer schaurigen Atmosphäre. Das war zwar irgendwie passend, aber - nichts wie weg hier...

Ich trieb Vaillant an und wir liefen die paar Kilometer in einem Stück durch, von kleinen Fress- und Zigarettenpausen mal abgesehen.


Der avisierte Pferdehof war ziemlich groß und es wurde hier die Rasse "Isländer" gezüchtet. Der Hof wurde von zwei Brüdern zusammen mit ihren Ehefrauen betrieben.

Ich traf bereits um halb zwölf ein, war durchgefroren und durchnässt. Die Leute hatten Erbarmen mit mir und ich durfte in einer Gartenhütte einziehen, die sogar beheizt war. Meine Laune steigerte sich merklich und die Wartezeit auf Kerstin vertrieb ich mir mit Zuschauen beim Trainieren der Pferde.

Einer der Brüder, Thorsten, war gerade beim Training. Das war spannend und sehr interessant zuzugucken, wie er die Pferde in Griff kriegte. Nicht mit Gewalt, sondern mit viel Gefühl und Einfühlungsvermögen ging es.

Thorsten erzählte mir, dass er seine Pferde in die ganze Welt verkaufe und er hatte gute Kontakte zu Pferdetransporteuren europaweit. Ich wurde hellhörig. Ist vielleicht noch zu früh, um schon an die Rückreise zu denken, aber solche Kontakte könnten mir vielleicht mal nützlich werden. Thorsten versprach mir auf jeden Fall zu helfen, wenn es soweit sein sollte. Das gab mir schon mal ein gutes Gefühl für die weitere Reise.


Abends kam dann Kerstin und weil es immer noch regnete, machten wir es uns im Wohnmobil gemütlich.



Donnerstag. Vatertag. Leider hatte Petrus mit den Vätern nicht soviel Einsehen, wie mit den Müttern vergangenen Sonntag. Es regnete immer noch, aber längst nicht mehr so kräftig wie am Vortag und gegen Abend blitzte sogar mal die Sonne durch.


Der Plan war folgender: während ich alleine mit Vaillant loslief, sollte Kerstin mit dem Womo voraus fahren, nach einem schönen Plätzchen Ausschau halten und dann wieder zu mir stoßen.

Gesagt, getan. Kerstin fuhr also los und suchte nach einem Bauernhof oder ähnliches, wo wir bleiben dürften.

Sie hatte auch schnell was gefunden, aber die Leute verlangten 50,- Euro für die Nacht. Nicht mit Kerstin. Leicht enttäuscht fuhr sie zurück und hielt bei ein paar nett aussehenden Menschen am Straßenrand an, um um Rat zu fragen, vielleicht wussten die ja was.

"Ja klar,", kam es einhellig zurück, "da würden wir mal bei Sabrina anfragen!" Sabrinas Hof lag direkt hinter dem Rathaus und Bauhof, nur ein paar hundert Meter entfernt.

Bei Sabrina und ihrem Mann Michael bekam Kerstin auch gleich eine Zusage. Sie kam zurück, stöberte mich unterwegs auf. Wir sind dann noch ein Stück zusammen gelaufen, bevor Kerstin wieder umdrehte, um das Wohnmobil zu holen. Fast zeitgleich trafen wir auf Sabrinas und Michaels Hof ein.


Links oder Rechts?!?

Bei Sabrina und Michael war es einfach klasse! Die beiden betrieben so eine Art Gnadenhof mit verschiedensten Tieren, meist bedrohte alte Nutztierrassen. Da gab es Kamerunschafe, Schweine einer alten englischen Rasse, Minischweine, Hühner, Ziegen und - zwei Esel!


Die Esel stammten aus einem Schäferbetrieb, der altershalber aufhören musste. Es handelte sich um eine fünfjährige Stute mit ihrem einjährigen Sohn (der etwas zottelig aussehende).



Am Abend kam noch ein ganz besonderer Gast. Auf dem Isländer- Hof gestern hat mir die Frau erzählt, dass vor ein paar Wochen ein Typ bei ihr gewesen sei, der mit einem Islandpony den Jakobsweg laufen wolle. Sie hat ihm davon abgeraten ein Pferd zu nehmen, da die Versorgung mit Futter unterwegs bei einem Pferd gar nicht so einfach wäre. Pferde sind da bei weitem nicht so genügsam wie Esel und brauchen auch mal Kraftfutter oder ähnliches. Übrigens u.a. auch ein Grund, warum ich mich für einen Esel entschied.

Sie hat ihm nach meinem Besuch meine Webadresse und Telefonnummer weitergeleitet. Prompt hat er sich bei mir gemeldet und war heute spontan vorbeigekommen.

Es handelt sich bei ihm um Gerd Schuster, dem bekannten Hundetrainer und -experten. Hier ein Link zu einem Beitrag mit ihm im BR: https://youtu.be/a3faVL0_eF8 und hier sein Blog: http://strassenmensch.de/blog/


Gerd ist ein sehr angenehmer Typ Mensch. Er scheint viel begriffen zu haben, wie Menschen, Hunde, Tiere, die Natur und das Zusammenspiel all derer funktioniert.

Das ganze Gespräch mit Gerd hier wiederzugeben würde den Rahmen gewaltig sprengen. Gerd hat sehr viel Reiseerfahrung, auch in Ostblock- Ländern, wie Rumänien und Bulgarien. Er hat mir dazu einige Tipps geben können, z.B. im Umgang mit Bären in den Karpaten.

Ich wünsche dir, Gerd, von hier aus viel Glück mit deiner Jakobsweg- Reise und eine gute Zeit. Hoffe, wir sehen uns mal wieder.


Am Freitag ließen wir Vaillant bei seinen neuen Eselkumpels zurück und machten uns mit dem Womo auf, um die nächste Etappe schon mal zu erkunden.

Wir fuhren einen Campingplatz an, doch erwartungsgemäß war dieser nur für Dauercamper geöffnet, für Kurzzeitgäste durften sie noch nicht.

Auch an einem See mit vielen Anglern hatten wir kein Glück. Einer der Angler erklärte uns, dass hier oft und gerne kontrolliert würde. Auch wenn er nix dagegen hätte, wenn wir uns hier niederließen, glaubte er, dass es nicht gutgehen würde.

Unverrichteter Dinge zogen wir ab, fuhren ein Stück zurück und erkannten wieder einen Pferdehof, wo gerade jemand am Bauen war. Hier hatten wir Glück und erhielten die Zusage zwei Nächte bleiben zu dürfen.

Damit war die Pflicht erledigt und wir konnten uns den niederen Gelüsten des Lebens zuwenden. Kerstins Bruder wohnt nämlich in der Nähe von Donauwörth und den besuchten wir jetzt.

Dort bekam ich eine langersehnte warme Dusche (Kerstin hat übrigens neue Handtücher mitgebracht) und der Grill wurde angeschmissen.



Zurück auf Sabrinas Hof habe ich mal meine Drohne ausgepackt und ein Video von einem Storchenpaar gedreht, das nebenan auf einem alten Kamin wohnt.



Michael hat das Video direkt an den Storchenbeauftragten der Region geschickt, wo es jetzt im "Storchentagebuch" zu sehen ist.



Lasst euch nicht von dem angegebenen Namen irritieren, Michael Zimmerer ist Sabrinas Mann.


Noch am Abend entstand die Idee, die Etappe am nächsten Tag gemeinsam anzugehen, also wir, Sabrina und Michael und die beiden Esel.

Sabrinas Vater wohnte auf etwa der Hälfte der Strecke. Sie wollten ihren Transportanhänger am anderen Morgen dorthin fahren, mit den Eseln bis dahin mitlaufen und die dann im Hänger zurückbringen.


So machten wir es dann auch. Kerstin fuhr das Womo gleich an den neuen Platz, wurde von Sabrina und Michael abgeholt, sie stellten den Hänger ab und kamen zurück. Los ging das Abenteuer mit dem Eseltrio!


Anfangs beharkten sich die Esel noch, wer denn jetzt das Recht hatte vorne zu laufen. Vaillant setzte sich schließlich durch. Stolz trabte er vorne weg, die beiden anderen folgten ihm eifrig. Irgendwie spornten sich die drei gegenseitig an. So schnell waren wir noch nie unterwegs. Vaillants Hufe flogen geradezu über den Asphalt!



Eine tolle Tour rund um den Hesselberg. Das Wetter spielte auch mit, es war besser, als es auf den Bildern aussieht. Fröhlich marschierten wir des Weges und hatten viel Spaß. Sabrinas Vater kam uns schon entgegen und anschließend gab es Rhabarberkuchen und Kaffee.



Herrlich! Wie könnte das Leben schöner sein?


Es wurde dann aber auch langsam Zeit uns zu verabschieden. Vielen Dank an Sabrina und Michael! Es war eine sehr schöne Zeit bei Euch.


Verabschieden mussten sich auch die Esel. Und das gefiel denen gar nicht, zumindest Vaillant nicht! Er war kaum dazu zu bewegen, ein paar Schritte ordentlich zu laufen. Immer wieder blieb er stehen, schaute sich um und schrie nach Leibeskräften:

"Iiiih ahhh, ieeeh ahhh!"

Der arme Kerl, der konnte einem direkt leid tun. Ich wusste ja schon, dass Esel Herdentiere sind und sich in Gesellschaft am wohlsten fühlen. Aber dass die Tiere bereits nach zwei Tagen eine solche Bindung zueinander aufbauen, ist schon verrückt.

Für die Zukunft muss ich mir ernsthaft überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, ihn mit anderen Eseln zusammenzubringen, wenn der Abschiedsschmerz jedes mal so groß ist.


Lass mich! Ich will zurück!!!

Nach kräftezehrenden, mühsamen letzten drei Kilometern, kamen wir auf dem nächsten Pferdehof bei Tobias und seiner Familie an.

Tobias hatten wir ja gestern schon beim Bauen kennengelernt und "Pferdehof" ist eigentlich übertrieben, denn Pferde sind (noch) gar keine da. Tobias ist gerade erst dabei, den Hof herzurichten.


Auch hier hieß man uns herzlich willkommen und wir wurden direkt zum Grillen eingeladen. Die letzten Tage steckten aber uns beiden in den Knochen und die Eselabschiedsschmerz-tortur hat uns noch den Rest gegeben, so dass wir dankend ablehnten.

Dafür hatten sie Verständnis, ich musste aber versprechen, das Grillangebot am nächsten Tag anzunehmen...



Sonntag war Ruhetag. Nix laufen! Nix machen!


Nur ein bisschen Büroarbeit war noch drin...



Anna- Lena und Manuel kamen noch auf einen Kurzbesuch vorbei.

Sie hatten meinen Garmin- GPS- Tracker dabei. Ich hoffe, dass der besser funktioniert wie die Tracking- App auf meinem Handy. Ihr habt ja sicher bemerkt, dass es das manchmal noch etwas hakelt. Wenn ich kein Handynetz habe, zeichnet die App halt auch nicht auf. Es kann also nur noch besser werden.


Als Anna- Lena und Manuel von Sabrina und ihrem Hof gehört hatten, wollten sie sie unbedingt kennenlernen. Wir fuhren also alle zusammen nochmal hin.

Die jungen Leute verstiegen sich in Fachsimpeleien, Manuel stammt ja auch von einem Bio- Bauernhof.


Nacheinander mussten Kerstin und dann Anna- Lena und Manuel leider die Rückreise antreten.

Und ich nahm die Einladung zum Grillen an...











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